QR-Readiness: PPI Edition

In knapp einem ¾ Jahr wird die QR-Rechnung eingeführt. Alle Schweizer Banken müssen ab 30.06.2020 Zahlungen aus Swiss QR-Code-Zahlteilen ausführen können. Seit einigen Wochen erhebt SIX die QR-Readiness des Finanzplatzes. Die Institute geben dabei an, alle Varianten der QR-Rechnung zum Stichtag korrekt verarbeiten zu können. Die Mehrzahl fährt, so zeigt die Umfrage weiter, eine Strategie der "Bestandswahrung". Eine Ausnahme bildet die Credit Suisse, die keine QR-Belege für Kunden drucken wird. Sicherlich eine sinnvolle, weil konsistent digitale Strategie – auch, weil ein QR-Generator, der, wie der unsere, ins E-Banking integriert ist, für die Ablösung der roten Einzahlungsscheine die bessere Lösung darstellt. Viele Institute finden die Kommunikationsmatrix der SIX zwar wenig hilfreich, was wir wiederum angesichts des umfangreichen Hilfsmaterials so nicht ganz verstehen können. Aber grundsätzlich, so legt die Umfrage nahe, sind die Banken auf gutem Wege, zum Stichtag "QR-ready" zu sein. 


Aber was heisst QR-Readiness eigentlich? 

Sinnvollerweise reicht die Bezahlfähigkeit nicht aus. Es müssen alle Bereiche rund um den Zahlungsverkehr angepasst werden – Kontoauszug, Druck, File-Lieferungen, Kanäle, Sammlung, Adress-Verwaltung, Stammdaten usf. Oftmals führen die fachlich wenig spannenden, aber zahlreichen Änderungen in der IT zu Herausforderungen, die erst in der Umsetzung erkannt werden. Werden diese aber nicht rechtzeitig identifiziert, so steht man am Ende mit einem inkonsistenten Angebotsportfolio da. 

QR-Readiness heisst deshalb, alle Veränderungen und notwendigen Anpassung durch die QR-Rechnung auf granularer Ebene zu kennen. Es heisst auch, für die unzähligen zu fällenden kleinen Entscheide klare Prozesse vorzusehen. Mit einer Vorgabe "macht den neuen Einzahlungsschein so wie die alten" ist in der konkreten Implementation nicht gedient. 

Aus diesen Überlegungen haben wir einen kleinen Fragebogen als Ergänzung zur Readiness-Umfrage zusammengestellt. Bewusst unvollständig, aber auf einige der zentralen Probleme hinweisend. Einfach eine Ergänzung aus den praktischen Erfahrungen. Fühlen Sie sich frei, die Fragen für Ihr Institut zu beantworten. 

  • Wissen Sie, welche Inhalte der QR-Rechnung Sie in welcher digitalen und analogen Avisierung (alle ausser camts) anzeigen wollen? Wird der Kunde z.B. den Ultimate Debtor im PDF-Auszug sehen? Oder im Kontoabschluss? Werden diese Anzeigen dann nicht zu lang?
  • Kann der Kunde im E-Banking nach spezifischen Inhalten der QR-Rechnung suchen, etwa nach der QR-Referenz oder dem Ultimate Debtor?
  • Wie möchten Sie Kunden bedienen, die auf QR-Rechnung wechseln wollen, aber bisher rote Einzahlungsscheine verschicken und dort Mitteilungen anbringen?
  • Können Sie Ultimate Debtor auf B- und C-Level bereits korrekt verarbeiten?
  • Haben Sie Sonderkonstrukte für wichtige Kunden, die im Wege stehen, beispielsweise bei den Referenzfeldern?
  • Bieten Sie die Mutation von Zahlungen an, die via File-Transfer eingeliefert wurden? Wie sollen diese Zahlungen angezeigt werden? Als QR-Rechnungen oder als Bankzahlungen Inland? Und (wie) können diese unterschieden werden?
  • Was machen Sie, wenn ein Kunde MT101 zugunsten einer QR-IBAN einliefert?
  • Welchen Einfluss hat die QR-Rechnung auf Multibanking?
  • Werden Sie die Validierungsregeln der SIX Guidelines umsetzen? Haben Sie die Fehler im Dokument schon entdeckt?
  • Was macht der Fraud-Filter, wenn bisherige Rechnungssteller auf die QR-Rechnung migrieren?
  • Sind Sie sich bewusst, dass mit der QR-Rechnung höhere Anforderung an die Adress-Abfüllung gelten als bei pain-Einlieferungen?
  • Wie werden Kunden avisiert, die ohne ESR-Vertrag neu QR-Rechnungen stellen?
  • Versteht das Testing-Team die Abhängigkeiten zwischen Remittance Information und Variante der QR-Rechnung hinreichend?
  • Welchen Einfluss hat die QR-Rechnung auf interne Recherche-GUIs und KuBe-Tools?
  • Wann sollen Daueraufträge migriert werden? Ist dafür schon ein Prozess definiert?
Wir sind der Meinung, Sie sollten all diese Fragen eindeutig beantworten können –und das recht bald. Sonst wird es mit der QR-Readiness eventuell knapp. Erfahrungsgemäss wird es nämlich im neuen Jahr angesichts langer Testing-Zeiträume und sonstiger Blockade der IT schwierig, fachliche Anforderungen noch zu spezifizieren, zu beauftragen und umzusetzen. 

Es gibt also noch ein wenig zu tun bis zur Einführung. Falls Sie dennoch etwas Zeit finden, schauen Sie doch auf https://www.ppi-schweiz.ch/banken/themen/qr-rechnung/ vorbei. Oder schreiben Sie uns unter info@ppi-schweiz.ch.


Dieser Blog wurde Sebastian Strub gepostet

Gespräch zum Thema «Open Banking» mit August Benz, SBVg

Heute befassen wir uns in unserem Blog mit Verbandsarbeit und hatten in diesem Zusammenhang das Vergnügen, uns mit August Benz, stellvertretender CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung zum Thema «Open Banking», zu unterhalten. An dieser Stelle möchten wir uns auch gleich herzlich für das sehr offene und angenehme Gespräch bedanken.

Herr Benz, gemäss dem Profil auf der SBVg-Homepage sind Sie zuständig für «Europa, Digitalisierung, Sustainability und Wirtschaftspolitik». Was beschäftigt Sie aktuell am meisten? 

Alle vier Themen beschäftigen uns momentan stark. 
PPI Schweiz, August Benz, Digital, Schweiz, Open Banking

Beim Thema Europa arbeiten wir daran, den Marktzugang für Banken in die EU zu erleichtern.
Sustainability wiederum verfolgen wir seit längerem und sind überzeugt, dass sich der Schweizer Finanzplatz hier sehr gut positionieren kann. Bereits heute haben wir bei den professionell verwalteten Vermögen mit rund 20 % einen deutlich höheren Anteil an nachhaltigen Anlagen als der globale Durchschnitt. Dieser liegt bei rund 11 %. Wir orientieren uns hierbei an den ESG-Kriterien.

Im Bereich Wirtschaftspolitik beobachten und analysieren wir die makroökonomischen Entwicklungen im Finanzsektor, allem voran die anhaltende Tiefzinsphase.
Immer wichtiger wird nicht zuletzt das Thema Digitalisierung, auch für uns als Verband. Hier befassen wir uns mit Regulierungsfragen, die sich aus neuen Trends und digitalen Geschäftsmodellen für Banken ergeben. Dazu gehören beispielsweise die rechtliche Behandlung von digitalen Assets, Cloud-Banking oder auch Fragen zur Regulierung von Fintechs im Bereich Blockchain respektive DLT. Dazu haben wir gerade erst Ende August in Basel einen grösseren Event zusammen mit mehreren Partnern veranstaltet.

Dass in diesem Bereich aktuell viel geschieht zeigt auch die kürzliche Vergabe von je zwei Bank- und Effektenhändlerbewilligungen in der Schweiz durch die FINMA. 

Ein prominentes Thema der Digitalisierung in der Finanzindustrie ist ja «Open Banking», wo Finanzinstitute ihre Kundendaten, Services und Schnittstellen für Dritte sog. Third Party Provider (TPP) öffnen. Wie ist generell die Meinung der SBVg zu den aktuellen Initiativen in diesem Bereich?



Eine Klammerbemerkung vorweg: Grundsätzlich ist Open Banking in der Schweiz kein neues Phänomen. Viele Banken bieten im Firmenkundenbereich bereits seit Jahrzehnten Open Banking Lösungen an und die Servicepalette für KMU nimmt weiter zu. Die aktuelle Open Banking Debatte dreht sich vorab vor allem um Privatkunden. Entwicklungen in der Schweiz gibt es sowohl bei der Infrastruktur, wie beispielsweise der Connectivity Plattform der SIX, wie auch bei der zunehmenden Anzahl konkreter Anwendungen.

Ich bin überzeugt, dass Open Banking die Bankenbranche nachhaltig beeinflussen und verändern wird. In einer Welt mit zunehmender Fragmentierung der Wertschöpfungskette und der Bedienung des Kunden über eine Vielzahl unterschiedlicher Finanzdienstleister ­– also nicht nur Banken, sondern auch Fintechs, Neobanken und zunehmend auch branchenfremde Dienstleister – stellt sich nicht die Frage, ob sich Open Banking etablieren wird, sondern in welcher Form.

Wir sehen im Open Banking grosses Potential für den Finanzplatz Schweiz. Dabei ist es wichtig, proaktiv zu Rahmenbedingungen beizutragen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz stärken. Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass die Marktintegrität weiterhin hoch bleibt.

Einige Fragestellungen müssen noch abschliessend beantwortet werden. Diese betreffen etwa den Datenschutz, Haftungsfragen und Zulassungskriterien beziehungsweise Zertifizierungen von Drittanbietern. Wir haben zu diesem Zweck eine Arbeitsgruppe einberufen, die sich mit genau diesen Fragen und den regulatorischen Implikationen auseinandersetzt.

In der EU soll Mitte nächsten Monat die PSD2 produktiv angewendet werden. Banken werden in dieser Regulation gezwungen, Ihre Zahlungsverkehrskonten für Dritte für Abfragen und die Ausführung von Zahlungen zu öffnen. Warum übernimmt die Schweiz nicht einfach die technischen Standards der Berlin Group?

Man sollte die Frage ein wenig differenzierter betrachten und hier zwei Unterscheidungen machen: Das eine ist, wie Sie richtig sagen, eine Regulierung, welche die Banken zwingt, ihre Schnittstellen zu öffnen – PSD2. Das andere wiederum umschreibt die Bestrebungen eines Gremiums, die Schnittstellen technisch zu standardisieren – die Berlin Group.

Banken sollen selbst entscheiden können, für welche Drittanbieter Schnittstellen geöffnet werden. Nicht zuletzt auch aus Sicherheitsüberlegungen. Die zwangsweise Öffnung von Schnittstellen – wie dies die EU-Richtlinie PSD2 erzwingt – ist in der Schweiz auf jeden Fall unnötig. Wie die EU im Moment erfahren muss, verhilft eine erzwungene Öffnung dem Open Banking nicht zum Durchbruch. Sie zementiert eher bestehende Grenzen zwischen Banken und Drittanbietern. In der Schweiz besteht aus meiner Sicht kein Handlungsbedarf. Der Wettbewerb funktioniert und die Banken bieten schon heute zahlreiche innovative Produkte an. Ein Beispiel sind die bereits erwähnten Schnittstellen zu Buchhaltungssoftwares oder multibankingfähige Lösungen.

Entscheidend für ein funktionierendes offenes Ökosystem sind vielmehr branchenweit standardisierte Schnittstellen. Die Übernahme von international etablierten Standards macht dabei sicher Sinn, solange sie zu Kompatibilität und höherer Effizienz führen. Mit technischen Belangen befassen wir uns als Branchenverband aber nicht direkt und ich kann nicht im Detail einschätzen, was die technischen Vor- und Nachteile der jeweiligen Lösungen sind. Hierfür sind wir im engen Austausch mit Organisationen und Verbänden, die Standards für solche Schnittstellen entwickeln oder eben allenfalls übernehmen. Dazu zählen etwa die SIX oder Swiss Fintech Innovations.

Betrachtet man den relativen kleinen Open Banking Markt in der Schweiz, so verwundert es, dass aktuell verschiedene Standard-Initiativen lanciert wurden: «Swiss Corporate API» von SIX, «Swiss Open Finance API» von Swiss Fintech Innvations und «OpenBankingProject.ch» mit u.a. dem Business Engineering Institute St. Gallen und dem Kernbanken-Systemhersteller Finnova. Ist das nicht etwas viel? Sollten hiesige TPPs nicht auf einen einzigen Schweizer Standard setzen können?


Die Tatsache, dass verschiedene Initiativen eine Lösung durchsetzen möchten, verdeutlicht, dass der Wettbewerb spielt. Wie die Erfahrung aus anderen Standardisierungen zeigt, ist es gut möglich, dass sich aus Effizienzgründen am Schluss nur eine einzelne Lösung etablieren wird. So hat sich zum Beispiel der USB-Anschluss bei Elektrogeräten durchgesetzt. Andere Lösungen konnten sich nicht behaupten.

Die erwähnten Initiativen verfolgen teils unterschiedliche Ziele und Ansätze. Letztlich wird aber der Wettbewerb und die Kunden entscheiden, welche Standards sich durchsetzen werden. Zu beachten gilt auch, dass die Schweizer Banken neben inländischen Anbietern grundsätzlich auch auf internationale Lösungen setzen können. Es ist daher durchaus möglich, dass Banken selbst oder weitere Dritte aus dem In- oder Ausland Angebote auf den Markt bringen. 

Welche Rolle kann die SBVg bei der Umsetzung eines nationalen Standards einnehmen? Will sie das überhaupt oder soll hier der Markt spielen? Wäre hier für die Durchsetzung eines einheitlichen Standards nicht doch der Regulator gefordert?


Wir bekennen uns zum Wettbewerb. Ich bin der Ansicht, dass regulatorisch vorgeschriebene technische Standards wohl nicht zielführend sind. Zudem: der Regulator wird die Kundenbedürfnisse kaum besser kennen, als die Marktteilnehmer. 

Ein brisantes Thema bei Schweizer Banken ist die Kosten- und Ertragsseite von Open Banking. Die Banken in der EU sind ja zumindest für Zahlungsverkehrskonten verpflichtet, die Schnittstellen kostenlos anzubieten. In der Schweiz gibt es verschiedene Meinungen dazu. Wie sieht die SBVg das Thema? Alles kostenlos? Falls Nein, welche Akteure sollten hauptsächlich für die Kosten der Entwicklung und Nutzung von APIs aufkommen?

Zu geschäftsstrategischen Fragestellungen von Einzelinstituten kann ich keine Stellung beziehen.

Es liegt aber in der Natur der Sache, dass sich Banken den technologischen Trends und Entwicklungen nicht entziehen können und wollen. Aus regulatorischen Gründen benötigen Fintechs aber auch in einem zukünftigen Open Banking Ökosystem die Banken, namentlich für ihre Infrastruktur, das Kundenvertrauen, die Sicherheit und nicht zuletzt den Zugang zu Finanzmärkten.

Eine Banklizenz zu erlangen und alle damit verbundenen Vorschriften einzuhalten ist jedoch sehr aufwendig. Banken sind daher aufgefordert, ihre Geschäftsmodelle so anzupassen, dass sie ihre Dienstleistungen einerseits effizient anbieten können und andererseits ihre Wertschöpfung nachhaltig vergütet wird. Grundsätzlich ist es daher durchaus denkbar, dass sich die Ertragsmodelle der Banken stark verändern werden. 

Einige Experten und viele Beratungsunternehmen sagen den Banken an der Kundenschnittstelle eine schwierige Zeit voraus, bis hin zum Verlust derselben. Werden Schweizer Retailkunden in Zukunft noch Lösungen von Banken einsetzen oder mehrheitlich auf Angebote von Dritten wechseln?

Aus heutiger Sicht lässt sich dazu nur spekulieren und das ist nicht unsere Rolle als Branchenverband. Im Moment ist es in der Schweiz so, dass zwischen Banken und Fintechs meist eine symbiotische Rollenteilung besteht: Banken und Fintechs kooperieren eng und gemäss ihren jeweiligen Stärken.

Die Kundenschnittstelle ist dabei ein zentraler Faktor, das ist so. Möglicherweise wird sich für die Banken der Wettbewerb um die Kundenschnittstelle intensivieren. Wer sich da durchsetzt, ist aber aus heutiger Sicht nicht eindeutig zu beantworten. Neben technischen Angeboten wie E-Banking, Apps und Kreditkarten zählt hierzu vor allem auch die «menschliche» Schnittstelle, also eine kundenspezifische, persönliche Beratung. Nicht jede Kundin oder jeder Kunde wünscht eine rein digitale Dienstleistung. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Kunden durchaus bereit sind, für eine persönliche Beratung von kompetenten, zertifizierten Kundenberaterinnen und -beratern einen Preis zu bezahlen. Es wird also auch in Zukunft auf den richtigen Mix an digitalen und «menschlichen» Kanälen ankommen.

Im Gegensatz zu heute, wo die Banken meist die gesamte Wertschöpfungskette abdecken, könnten Teile davon künftig von Fintechs angeboten werden. Gleichzeitig können Banken und vor allem deren Kunden auch direkt profitieren. Anstelle Apps und E-Banking-Lösungen mit viel Aufwand selber zu erstellen, können Banken dies weitgehend dem Markt überlassen. Sie können sozusagen aus einer Menükarte die jeweils beste Lösung für sich und ihre Kunden aussuchen. Ausserdem können Fintechs bei der Kundenakquisition behilflich sein, indem sie neue Zielgruppen ansprechen.

Die sich entwickelnden Ökosysteme sind dabei viel breiter zu sehen, als nur zwischen Banken und Fintechs. Funktionierende digitale Ökosysteme beinhalten eine Vielzahl von Anbietern diversester Natur. Denken Sie nur schon an die Immobilienplattformen oder die Tourismusbranche, welche sich breit entwickelt haben. In Zukunft ist es also durchaus denkbar, dass Banken nicht mehr alles selber machen, sondern sich auf einzelne, ihren Kernkompetenzen entsprechenden Bereiche fokussieren. 

Eine Frage zum Schluss: Können sie den Schweizer Banken Empfehlungen für den zukünftigen Umgang mit Open Banking geben? Was sind mögliche Szenarien? Entwicklung von eigenen Plattformen, Kooperation mit einer der drei Schweizer Initiativen oder gar ein Angebot gemäss den technischen Standards der Berlin Group (PSD2)?

Unsere Banken wissen selber am besten, wie sie sich aufstellen wollen. Es liegt nicht an uns, ihnen Ratschläge zur Geschäftsstrategie zu erteilen.

Wir sehen im Open Banking grosses Potential für den Finanzplatz Schweiz. Dabei ist es für uns wichtig, proaktiv zu Rahmenbedingungen beizutragen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz stärken. Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass die Marktintegrität weiterhin hoch bleibt.

Wir verfolgen das Thema daher sehr genau und versuchen, die regulatorischen Hürden zu erkennen und wo immer möglich zu beseitigen. Wir sind auf jeden Fall gespannt, wo die Reise hinführt.



Das Interview geführt hat unserem CEO Carsten Miehling.

PPI im Gespräch mit Kitro


PPI Schweiz und der Digital Finance Experts Blog sind bekannt für die Nähe zum Zahlungsverkehr. In diesem Blog haben wir etwas über den Tellerrand hinaus geschaut und waren bei Kitro, um mehr zum Thema Start-up-Dasein, Innovation und Umweltschutz zu verstehen.

Erst kürzlich hat das Bundesamt für Umwelt 5 Studien über die Lebensmittelverschwendung in der Schweiz präsentiert (siehe Bericht SRF). Schweizer Haushalte alleine werfen pro Jahr eine Million Tonnen Lebensmittel weg, insgesamt sind es 2.6 Millionen. Die Schweiz hat sich verpflichtet, bis 2030 50% weniger sog. food waste zu produzieren. Aber wie lassen sich die Abfälle überhaupt effizient messen? Eine Lösung bietet Kitro. Vor kurzem traf ich mich deshalb mit Naomi McKenzie, der Co-Gründerin des Lausanner start-ups.

Ich treffe Naomi in einem verlassen wirkenden Gebäude auf dem Siemens Areal in Albisrieden. Die 8 Mitarbeiter haben dort ein grossräumiges Büro inklusive der start-up-üblichen Couch-Ecke und dem Tischkicker. An einer Wand hängt ein grosses Poster mit bisherigen Kunden und zukünftigen Partnerschaften. Darunter sind grosse Lebensmittelkonzerne, Hotellerien und Kantinen-Zulieferer. Es mangelt also nicht an Arbeit, wie mir Naomi verrät. Das Interview führen wir dann in Englisch.

Hi Naomi, danke für die Einladung. Lass mich dich und dein Unternehmen erstmal etwas kennen lernen: Was macht ihr?

Hi, also wir sind Kitro, Abkürzung für Kitchen Hero, und wir automatisieren den Prozess der Messung von Lebensmittelabfällen in Restaurants, Kantinen und Hotel-Gruppen.

Wir kommen aus dem Gaststätten-Gewerbe und mussten dort erfahren, dass viele Lebensmittel weggeworfen werden. Wir sahen auch, dass es in Grossküchen schwierig ist, zu messen, was und wie viel weggeworfen wird. Bei Kitro nutzen wir Bilderkennungsverfahren und machine learning, um den ganzen Prozess zu automatisieren und nachvollziehen zu können, was wann und wieviel davon weggeschmissen wird.

Und wie funktioniert das?

Wir haben ein Hardware-Gerät entwickelt: Eine Waage platzieren wir unter der Abfalltonne, in die die Lebensmittel wandern. Darüber kommt eine Kamera. Dieses IoT-Gerät reicht die erfassten Daten an unsere Software weiter. Dort werden die Daten verarbeitet und dem Kunden auf einem Dashboard zur Verfügung gestellt.

Wie detailliert werden denn die Bilder verarbeitet?

Bis auf das einzelne Objekt genau. Der Algorithmus findet heraus, ob es sich um einen Apfel oder eine Birne handelt oder um Reis oder Quinoa. Auch ob es sich um den essbaren oder nicht essbaren Teil handelt. Je mehr Bilder der Algorithmus erhält, desto genauer werden die Analysen. Aber natürlich müssen die Objekte optisch unterscheidbar sein: Zwischen Joghurt und Sauerrahm kann nicht unterscheiden werden. Deshalb sucht die Software nur nach Lebensmitteln, die tatsächlich vom Kunden verwendet werden.



Die Software macht also die Lebensmittelverschwendung sichtbar. Aber wie lässt sich aus der Sichtbarkeit eine Reduktion erreichen?

Grundsätzlich ist es schwierig, den Abfall zu reduzieren, wenn man nicht weiss, woher er kommt. Und selbst Unternehmen die glauben, gut Bescheid zu wissen, können selten belastbare Daten oder Kosten angeben. Wenn man aber die Daten hat, ist es viel einfacher, das Management von Veränderungen im Einkauf und in den Prozessen zu überzeugen. Werden z.B. bestimmte Kombinationen regelmässig zusammen weggeworfen, oder landen bestimmte Lebensmittel zu bestimmten Zeiten häufig im Müll, kann man daraus lernen.

Hatten eure Kunden schon vorher Prozesse zur Messung des Abfalls?

Einige messen einmal jährlich für 4 Wochen. Das ist häufige Praxis in der Schweiz. Das Problem dabei ist, dass die Mitarbeiter in dieser Zeit ihr Verhalten ändern können. Ausserdem gibt es sehr viele Variablen, die den Abfall beeinflussen, und in einer kurzen Zeit schafft man es nicht, all diese Informationen zu erfassen.

Und wie messen die Unternehmen?

Manuell, mit Waagen und Excel-Sheets.

Ihr digitalisiert also einen Prozess, den es analog schon gibt?
Genau

Welche Kundengruppen habt ihr?

Wir arbeiten mit Kantinen, Restaurants, Universitäten, Spitälern und Hotelgruppen.

Und Banken?

Bisher nicht

Und was sind eure Pläne für die nächsten Jahre? Ich bin zum Beispiel beruflich oft in Hotels. Wenn ich wüsste, dass z.B. Mercure Hotels ihre Lebensmittelabfälle reduzieren, dann wäre das für die Hotels ein Image-Gewinn und ich hätte ein gutes Gewissen.
Genau. Immer mehr Menschen treffen Entscheidungen, etwa im Bereich Tourismus, auf Grundlage des ökologischen Einflusses. Daher wollen wir definitiv eine Zertifizierung etablieren und einen Standard aufbauen. Wir hoffen, dass unsere Daten aus den verschiedenen Unternehmen helfen, Standards festzulegen. Man könnte beispielsweise für Kantinen einer bestimmten Grösse definieren, wieviel Lebensmittelabfälle sie maximal produzieren sollten. Wir können ausserdem dabei helfen, den ökonomischen und ökologischen Fussabdruck zu bestimmen – z.B. durch die Messung der CO2-Bilanz der weggeworfenen Lebensmittel.

Das sind ja schon recht umfangreiche Ideen, danke dafür! Noch zu ein paar Bank-spezifischen Fragen: Wie bezahlen denn die Kunden gegenwärtig?

Wir arbeiten mit monatlichen Abos. Online Payments direkt über das Dashboard werden sicher ein nächster Schritt sein.

Welche Geschichte habt ihr mit Banken?

Also finanziert werden wir von privaten Investoren und über Subventionen. Wir sind aktuell für Banken noch zu klein und zu riskant. Unsere Hausbank ist die Credit Suisse und die treffen wir ab und zu, um über das start-up-Leben zu plaudern. Wir kennen sie über die Kickstart Accelerator Events. Wir nutzen darüber hinaus Bexio – wie wohl die meisten start-ups. Damit sind wir recht zufrieden.

Alles klar. Ich denke, wir haben einen guten Einblick erhalten. Hast du noch etwas, was du uns mitgeben willst?

Wir möchten Awareness für das Thema schaffen. Wir freuen uns, falls sich eine Bank mit uns austauschen möchte und hoffen natürlich, dass wir bald auch mit Banken beziehungsweise mit deren Kantinen zusammenarbeiten können.

Kitro Team


Naomi, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!


Dieses Interview wurde von Sebastian Strub geführt.

SwatchPAY! – die berühmte Plastikuhr wird zum Plastikgeld

Wir freuen uns, dass wir die Gelegenheit bekommen haben, uns in Biel mit Swatch über die seit Anfang Jahr auf dem Schweizer Markt erhältliche Payment-Lösung SwatchPAY! zu unterhalten.

Imposant ragt die neue Holzdachkonstruktion des Architekten Shigeru Ban über den Eingang des neuen Swatch Hauptsitzes an der Nicolas-G.-Hayek-Strasse in Biel. An der Drehtür wird noch gearbeitet, Handwerker wuseln herum und nehmen letzte Einstellungen an der Elektronik vor, optimieren Zugangsschranken oder dichten eingesetzte Glasscheiben ab. Der neue Firmensitz ist noch nicht ganz fertig – und doch wirkt die bahnbrechende Architektur bereits jetzt einladend, cool und attraktiv.

Wir treffen im Raum „Goldfinger“ Alain Villard, den Brand Manager von Swatch Schweiz, zum Interview. Und auch wenn das Sitzungszimmer nicht aussieht wie das Office von „M“ oder James Bond, so macht alleine die Namensgebung neugierig und Lust auf mehr.


Sehr geehrter Herr Villard, herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen, mit uns über SwatchPAY! und den Schweizer Markt zu sprechen. Sie lancieren in der Schweiz SwatchPAY!, was genau darf ich mir als Endkunde darunter vorstellen?

Weniger eine ausgeklügelte Strategie oder einen Masterplan als vielmehr die Lust als Marke immer wieder innovative Produkte auf den Markt zu bringen und unsere Kundschaft damit zu überraschen. Das haben wir auch in den vergangenen Jahren stets so gemacht. Jedes Jahr kamen wir mit zwei oder sogar drei neuen Produktlinien auf den Markt. Vor SwatchPAY! lancierten wir im vergangenen Oktober mit grossem Erfolg Swatch by You, die personalisierte Uhr. Und SwatchPAY!, die Uhr mit Bezahlfunktion, ist etwas, das wir im Juni 2017 sehr erfolgreich in China auf den Markt gebracht haben. Interessanterweise treffen wir damit den Nerv der Zeit. Dieses Produkt haben unsere Kunden so nicht von uns erwartet und das generiert schon mal ein gewisses Mass an Aufmerksamkeit. Es geht uns aber nicht darum, in Wettbewerb mit andern Marken zu treten, die ebenso - auf ihre Weise - eine Bezahlfunktion am Handgelenk anbieten, sondern es ist ein Service, eine zusätzliche Funktion, die wir unseren Kunden anbieten.

Der Erfolg einer solchen Payment-Lösung hängt nicht zuletzt von einem einfachen Onboarding-Prozess ab. Wie funktioniert der bei SwatchPAY! und welche Voraussetzungen muss der Kunde dafür erfüllen?

Sie können in eine von aktuell 29 dafür eingerichteten Verkaufsstellen in der Schweiz gehen, suchen sich eines der momentan vier Modelle von SwatchPAY! aus und laden auf Ihrem Smartphone die SwatchPAY! App herunter. Weiter sollten Sie bereits im Besitz einer Zahlungskarte von Mastercard sein, herausgegeben von einem der folgenden Unternehmen: Cembra Money Bank, Cornèrcard, Credit Suisse, Swiss Bankers, Swisscard, UBS, Viseca oder Wirecard - bald wird übrigens auch Visa hinzukommen und vielleicht auch American Express, das werden wir sehen. Das Onboarding wird dann direkt vor Ort im Swatch Store gemacht. Dafür nutzen Sie die im Laden installierte SwatchPAY! Box. Als erstes öffnen Sie die App, generieren sich ein Login und erfassen Ihre Zahlungskartenangaben. Dazu können Sie aus der App heraus die Zahlungskarte ganz einfach scannen. Dann scannen Sie mit der App den QR-Code auf der SwatchPAY! Box und positionieren die Uhr auf das dafür vorgesehene Feld. Die Uhr synchronisiert sich nun mit den Zahlungskarteninformationen der App. Es wird also ein Token auf Ihrer Uhr erzeugt, der an Ihre Zahlungskarte gekoppelt ist. Dieser Prozess dauert nur wenige Minuten. Sobald der Token generiert ist, ist ihre Uhr einsatzfähig und Sie können sofort damit bezahlen.

Ist es möglich, mehrere Uhren mit einer Mastercard zu tokenisieren?

Ja, das geht. Das Gegenteil ist jedoch nicht möglich. Sie können nicht mehrere Zahlungskarten auf der gleichen Uhr hinterlegen. In der App verwalten Sie, bei welcher der Uhren Sie die Bezahlfunktion gerade aktiv haben möchten. Sie haben hier also ganz einfach die Möglichkeit, den Token auf der Uhr sofort zu sperren.

An welche Zielgruppe richtet sich SwatchPAY! ?

An Alle (lacht). Wir haben das Glück, dass wir eine sehr breit gestreute Kundschaft haben, von ganz jung bis ganz alt, das war schon immer so. Das heisst, wir wollen unseren Fokus mit SwatchPAY! nicht unnötig einschränken. Trotzdem müssen wir hier klar sein: die Millennials sind schwieriger zu bekommen als vielleicht andere Generationen und es ist natürlich klar, dass das eine Zielgruppe ist, die wir als Mehrwert sehen. Durch SwatchPAY! eröffnen sich für uns aber auch neue Kundensegmente wie z.B. Bankangestellte, die reissen uns die Uhren geradezu aus der Hand. Wir haben dank SwatchPAY! in den letzten zwei Monaten sehr viele neue Kunden gewonnen.

Was hat die Marke Swatch bewogen überhaupt ins Bezahlbusiness einzusteigen?

Das ist gar nicht so neu für Swatch. Wir sind vor über 20 Jahren mit dem Chip-Konzept gestartet. Wir hatten Ende der 90er Jahre Swatch Access lanciert, eine Uhr auf der man z.B. den Ski-Pass speichern konnte. Wir haben das mit dem Chip somit nicht neu erfunden. Auch Tickets für Stadionbesuche konnte man auf der Uhr hinterlegen. Und vor drei Jahren brachten wir die Swatch Bellamy Uhr auf den Markt, mit der man bereits bezahlen konnte. Swatch Bellamy war jedoch ein ganz anderes Konzept als die heutige SwatchPAY!. Die Idee damals war gut, aber das Konzept war zu kompliziert. Es lief über eine hinterlegte Prepaid-Karte, bei der leider jedes Aufladen Spesen verursachte.

Ich bekomme durch diese Uhr also einen Bezahlchip ans Handgelenk, der im Prinzip das Gleiche kann wie die EC- oder Kreditkarte in meiner Tasche, nämlich kontaktlos bezahlen. Warum glauben Sie, brauche ich das als Konsument resp. warum muss eine Uhr bezahlen können?

Unser Ziel ist es, den Bezahlvorgang so einfach wie möglich zu machen. Ich benutze SwatchPAY! nun seit 6 Monaten (ich war einer der Tester) und ich muss Ihnen sagen, dass es Spass macht und dass das Handling viel einfacher und auch sicherer ist als wenn ich jedes Mal meine Karte ziehen muss. In der Vergangenheit liess ich meine Kreditkarte immer mal wieder zuhause liegen, das passiert mir heute nicht mehr (lacht).

Bei der Entwicklung des Produktes dachten wir vor allem daran, wie wir unseren Kunden einen Mehrwert bieten können, der sehr bequem und auch einfach im Umgang ist. Und das haben wir geschafft, der Aufwand am Verkaufspunkt ist viel geringer. Nehmen wir an, Sie sind in einem Club an der Bar und müssen bezahlen. Die Uhr können Sie selbst dann ans Lesegerät halten, wenn Sie zwei Drinks in den Händen halten. Zudem ist es viel sicherer, denn normalerweise haben Sie die Kreditkarte nicht am Handgelenk festgebunden und falls die Uhr tatsächlich abhandenkommen sollte, können Sie den Token sofort via Smartphone sperren. Sie müssen dafür nicht mal Ihre Bank anrufen.

Sie haben sich bei SwatchPAY! für ein hinterlegtes Kreditkartenschema entschieden, was von der Technologie her nicht neu ist. Sie sprachen vorhin über innovative Produkte, das führt natürlich zur Frage, warum Swatch hier nicht viel weitergegangen ist und etwas ganz Eigenes entwickelt hat?

Ich bin weder Ingenieur noch zuständig für die Produktabteilung, von daher kann ich Ihnen diese Frage nicht vollumfänglich beantworten. Aber als Zuständiger für den Schweizer Markt kann ich Ihnen sagen, dass wir schnell sein und etwas Einfaches anbieten wollten. Bestimmt gibt es noch sehr viele Ideen, die vielleicht weiterführend sind, aber Sie müssen verstehen, dass wir uns hier nicht im Smartwatch-Bereich bewegen, das war nie direkt unser Ziel. Swatch war immer ein buntes Accessoire. Bei uns muss es einfach und erschwinglich sein. Und die vorliegende Lösung bekommen Sie zu einem absolut genialen Preis. Andere Angebote, die mehr Entwicklungsarbeit, mehr Aufwand erfordern, würden wir Ihnen ziemlich sicher nicht zu einem Preis von unter hundert Franken bieten können. Aber genau das wollten wir unbedingt.

Sie haben den Preis angesprochen, eine SwatchPAY! bekommt man zu einem geringfügig höheren Preis als die meisten Ihrer normalen Uhren. Glauben Sie, dass der Bezahlchip generell zu einem Standard werden wird in sämtlichen Modellen?

Die Swatch New Gent, die der gleichen Grösse entspricht wie die SwatchPAY! Uhren, bekommen Sie für 75 Franken, während Sie für die SwatchPAY! 85.- bezahlen. Das heisst, die SwatchPAY! ist tatsächlich nur zehn Franken teurer. Mittel- und langfristig gesehen wäre es sicherlich ideal, wenn wir jedes Swatch Modell mit der Bezahlfunktion ausrüsten könnten. Der Kunde kann dann frei wählen, ob er eine klassische Swatch Uhr oder vielleicht doch lieber eine Swatch Irony (Edelstahluhr A.d.R.) haben möchte. Zurzeit ist es aber noch nicht soweit. Die Schweiz ist nach China das zweite Land weltweit in dem wir SwatchPAY! lanciert haben. Wir planen zudem Rollouts für 2019 in mehreren Ländern in Europa sowie in Amerika. Unsere Ingenieure und die Produktabteilung überlegen bereits jetzt, wie wir in absehbarer Zeit die Bezahlfunktion in möglichst viele weitere Uhrenmodelle einbauen können.

Ich habe gelesen, dass es unter Umständen gar nicht so einfach sein soll, aufgrund der Bauart des Chips und der NFC-Antenne, kleinere Uhren damit auszurüsten und somit auch feinere Handgelenke bedienen zu können. Ist die Technik vielleicht auch gar noch nicht soweit?

Ja, das habe ich auch gehört, diese Frage taucht immer mal wieder auf. Und die Antwort, die die Entwickler darauf geben ist tatsächlich, dass die Antenne einen gewissen Platz braucht. Im Moment bedingt das also die vorliegende Uhrengrösse. Aber das schliesst nicht aus, dass wir in Zukunft auch feinere Uhrenmodelle damit ausstatten können. Und ich möchte in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass wir historisch gesehen mit Swatch New Gent, der Modellvorlage für SwatchPAY!, extrem viel Erfolg auch bei Frauen hatten. Der Gehäusedurchmesser beträgt 41mm. Und von den vorliegenden vier SwatchPAY! Modellen sind mindestens zwei sehr weiblich. Es ist eher das Gegenteil der Fall. Bei uns melden sich Männer, die sich männlichere Modelle mit inkludierter Bezahlfunktion wünschen, und das werden wir nun in den nächsten Monaten umsetzen.

Inwiefern achten Sie bei der Lancierung von SwatchPAY! in einem neuen Markt auf Statistiken, die den Anteil an Bargeldtransaktionen im jeweiligen Land beschreiben?

Das ist eine gute Frage. Natürlich sind solche Informationen interessant, aber für unsere Zwecke eher zweitrangig. Bei der Lancierung von SwatchPAY! spielt vor allem eine Rolle, wie viele Karten-Issuer es auf dem jeweiligen Markt gibt und wie viele Kunden die haben. Je weniger Player mit vielen Kunden, desto interessanter für uns. Und dann achten wir natürlich auch darauf, wie stark die Marke Swatch in dem jeweiligen Markt ohnehin schon ist. Das spricht zum Beispiel für Italien und Frankreich, aber eher weniger für die nordischen Staaten, obwohl gerade in Schweden sehr oft bargeldlos bezahlt wird.

Die App, die es braucht, damit die PAY-Funktion der Uhr genutzt werden kann, hat Swatch entwickelt. Darin fülle ich meine Zahlungskarteninformationen ab und erzeuge beim Onboarding-Prozess den entsprechenden Token auf der Uhr. Kann ich als Kunde in der App die getätigten Transaktionen sehen?

Nein, die sehen Sie im Moment noch nicht. Die Funktion existiert aber, sie war nur noch nicht fertig für die Lancierung am 17. Januar. Wir wollten mit dem Produkt unbedingt auf den Markt und haben die App deshalb ohne dieses Feature gebracht. Das wird aber sehr bald kommen, es ist nur noch eine Frage von Wochen. Sie werden dann in der SwatchPAY! App jedoch lediglich diejenigen Transaktionen sehen, die Sie mit der Uhr vorgenommen haben. Während Sie natürlich in der App Ihres Kartenherausgebers alle Transaktionen sehen können, unabhängig davon, ob Sie mit der Uhr oder mit der Karte bezahlt haben.

Apple bringt nach der AppleWatch und ApplePay nun eine eigene Kreditkarte heraus. Es werden neue Features versprochen wie z.B. eine Ausgabenanalyse und Fraud-Protection. Klingt sowas für Swatch verlockend oder befinden Sie sich da wo ganz anders?

Wie bereits gesagt möchte ich unsere Produkte nicht mit Apple vergleichen, weil die Produktstrategien grundsätzlich verschieden sind. Schon die Preise sind nicht zu vergleichen. Zudem glaube ich, dass Apple in der Schweiz nicht alle Issuer von Mastercard überzeugen konnte, während die alle bei uns mitmachen. Klar haben wir in der Schweiz ein Renommee, und ich nehme an, das hat natürlich geholfen.

Unser Produkt hält, was es verspricht, es ist einfach im Handling und sehr sicher. Die Uhr verbindet sich weder mit dem Smartphone noch mit dem Internet. Und wir haben keinen Zugriff auf die Informationen der Kunden, das wollen wir auch nicht und das wird auch so bleiben.

Herr Villard besten Dank für dieses Gespräch.


Dieses Interview wurde von  Matthias Hungerbühler geführt.

#SwatchPAY! #Digitalisierung #SmartWatch #Innovation

Das war der PPI Schweiz Frühlings-TopEvent 2019

Zum nunmehr zehnten Male haben über 100 Experten aus Banken und von PPI Schweiz dem Patienten Zahlungsverkehr den Puls gefühlt. Gerade beim diesmaligen Fokusthema Open Banking schlägt dieser bei Bankern derzeit höher – sei es aus Angst vor der Konkurrenz aus dem FinTech-Bereich oder aufgrund der grossen Chancen durch die Etablierung standardisierter Schnittstellen und effizienter Ökosysteme.

Wie immer hat sich die Gesellschaft nicht mit Oberflächlichkeiten abgelenkt, sondern Klartext gesprochen. Ist Open Banking Krankheit oder Arznei für den Finanzplatz? Christian Schäfer von der Deutschen Bank gab hierzu spannende Einsichten aus dem Umfeld PSD2 preis. Löst das Wort PSD2 in den Retail-Abteilungen der Banken oft Magenschmerzen aus, bieten sich im Bereich Unternehmenskunden zahlreiche Möglichkeiten. So positioniert sich das Geldhaus als Drittpartei (Third Party Provider, TPP) und ermöglicht Multi-Banking-Funktionalitäten über die eigene App. Im Zusammenspiel mit Instant Payments bzw. der International Air Transport Association (IATA) vereinfacht die Bank das Bezahlen von Flug-Tickets und schafft so eine Alternative für Kartenzahlungen. Mit solchen Innovationen möchte sich die Deutsche Bank als aktiver Treiber für die Etablierung eines «minimal viable ecosystem» und später eines «Open Banking ecosystem» positionieren. Gewürzt mit viel Humor und spannenden Appetizern, wie etwa Einblicken in Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit, war der Vortrag ganz nach dem Geschmack der Gäste. 

Der zweite Chefkoch des Abends, Dejan Juric von SIX, ging sogar noch darüber hinaus – zumindest dem Titel seiner Keynote nach. In «Beyond Open Banking in Switzerland» informierte er über den Status des Projekts SIX Connectivity, ehemals Swiss Corporate API. Die Idee hinter dem Projekt ist die Schaffung einer einheitlichen Schnittstelle für Software-Provider und weiteren Drittparteien auf der einen und den Banken auf der anderen Seite. Proprietäre Schnittstellen und unübersichtliche Beziehungen sollen so überwunden werden. Mit den Zahlungsauslöse- und Kontoinformations-Diensten werden dieses Jahr bereits erste Anwendungsfälle geschaffen. Die Implementation Guidelines sind in einer Version 1.0 final. Juric appellierte, sich an diese zu halten, ob man sich nun an das SIX-Ökosystem anschliesse oder nicht.

Schliesslich stellten sich die beiden Keynote Speaker sowie Martin Walder von Credit Suisse den kritischen Fragen unseres CEO Carsten Miehling und des Publikums. Sandro Maag von Abacus bereicherte die Runde mit den Einschätzungen aus Sicht des Software-Hauses.

Anschliessend kam allerdings erst der wirkliche Hauptgang des Events: Der Apéro-riche lud zum ausgiebigen Networking ein. Die Gäste konnten sich in vertrauter Atmosphäre über alle relevanten ZV-Themen austauschen. Angesichts des reichhaltigen Angebots an Gesprächspartnern, Getränken und Häppchen dachten viele Gäste erst in den frühen Stunden des neuen Tags daran, den Heimweg anzutreten. Sie haben ein rundum gelungenes Abendprogramm genossen und sicher fest eingeplant, beim nächsten Mal wieder dabei zu sein. Auch PPI Schweiz freut sich auf den nächsten TopEvent am 31.10.2019.

Einige Eindrücke finden Sie hier.

#TopEvent #OpenBanking

Ein Hoch auf die Digitalisierung - oder auch: Leben Totgesagte länger?

Im Schatten all der Innovationen im Zahlungsverkehr und den Financial Services im Allgemeinen überraschte die SNB letzte Woche mit der Ankündigung einer absoluten Neuheit! Die neue 1000er-Note wurde unter tosendem Applaus vorgestellt. Die 5. neue Note des Erfolgsschlagers der bereits 8. Banknotenserie kommt am 13. März 2019 auf den Markt. Morgen also bereits. Sind Buchgeld und Kryptowährungen etwa bereits wieder ein alter Hut? Schliesslich sind sowohl Buchgeld als auch Kryptowährungen definitiv schlechter greifbar als das gute (neue) Bargeld und sind in der Zwischenzeit auch gar nicht mehr so neu. Wir hatten in diesem Blog ja bereits am 17.07.2018 über Cryptocurrencies im Allgemeinen und auch am 11.09.2018 konkreter über Ripple berichtet.

Ein immer wieder unterschätzter Vorteil eines physischen Gegenstandes gegenüber etwas nicht Greifbarem ist die Haptik. Unter Haptischer Wahrnehmung versteht man das tastende “Begreifen” im Sinne des Wortes, also die Wahrnehmung durch aktive (physische) Erkundung. So haben Psychologen herausgefunden, dass man durch die Haptik emotionale Bindung aufbaut. Ein Gegenstand, den wir fühlen können, hinterlässt also einen bleibenderen Eindruck als etwas Gelesenes oder Erzähltes. Die neue 1000er-Note ist also die perfekte physische Ergänzung zu der gemeinhin als richtig angesehenen Geschichte, dass das durch unsere Nationalbank ausgegebene Geld effektiv auch einen Wert hat. Bei dieser 1000er-Note können wir den Wert der weltweit wertvollsten Banknote auch effektiv fühlen. Ein deutlicher Vorteil von Bargeld gegenüber Buchgeld, von welchem wir lediglich eine Zahl auf einem Bildschirm sehen oder auch von Kryptowährungen, die wir ebenfalls nicht fühlen können und darüber hinaus auch noch den Beweis erst antreten müssen, dass sie effektiv einen stabilen Wert repräsentieren.

Denn wie Yuval Noah Harari in seinem 2018 erschienen Buch «21 Lessons for the 21st Century» bemerkt, sind wir Menschen vor allem deshalb die erfolgreichste Gattung auf unserem Planeten, weil wir über eine schier unendliche Vorstellungskraft verfügen und darüber hinaus hervorragende Geschichtenerzähler sind, die es verstehen, sich in grossen Gruppen zu organisieren. Geschichten wie zum Beispiel, dass ein Land Grenzen hat, das unseres die Schweiz ist, in diesen, unseren Grenzen, eine gewisse staatliche Organisation herrscht, an welche wir uns als Bevölkerung halten und dass eben unsere Nationalbank Geld, auch Bargeld herausgibt, welches ein gewisses Design hat, auf Papier gedruckt ist und dieses Stück Papier  auch effektiv den Wert hat, der drauf steht. Und in diesem Kontext müssen wir Menschen die Geschichte von den wertvollen Kryptowährungen zuerst noch flächendeckend (und grenzüberschreitend) glauben, bevor sie zu einem Erfolg wird. Bis dies geschieht, ist und bleibt das herkömmliche Geld, also auch das Bargeld, das etablierte Zahlungsmittel.

Rund 47 Millionen der alten 1000er-Noten, von denen die meisten Schweizer Bürger kaum je eine zu Gesicht bekommen, sind derzeit im Umlauf. In 6 Monaten werden erfahrungsgemäss 2/3 dieser Noten umgetauscht sein, teilt die SNB mit. Eile ist allerdings nicht geboten: Für das Umtauschen der restlichen rund 15 Millionen Scheine haben Herr und Frau Schweizer schliesslich 20 Jahre lang Zeit.

Quelle: https://www.snb.ch/de/iabout/cash/id/cash_circulation 


Mit 47 Mio. Stück ist die weltweit wertvollste Note gleichzeitig auch die rarste im Schweizer Umlauf. Spitzenreiter ist die 100er-Note mit rund 125 Mio. Stück, gefolgt von der 20er-Note mit rund 86 Mio. Stück. Allerdings fällt auf den zweiten Blick auf, dass die 47 Milliarden nominal aller dieser Noten weit mehr als das Vierfache (!) des totalen Nominal der 100er-Note sind. Bedenkt man nun, dass die 1000er-Note den geringsten Umlauf hat (wir hatten ja bereits festgestellt, dass nur die wenigsten ab und zu eine solche Note effektiv auch in den Händen halten), dann fragt sich der geneigte Leser, wo all diese Noten wohl liegen mögen. Aber nicht doch etwa in der heimischen Matratze eingenäht oder im kleinen Geheimfach im Kleiderschrank oder etwa im Bankfach? Ein Schelm auch, der Böses dabei denkt und den Inhabern dieser Noten unterstellt, dass man im Zuge des Alltagsstresses möglicherweise auch vergisst, sie auf der Steuererklärung anzugeben. Allerdings ist das Problem der Steuerehrlichkeit der Bevölkerung auch bei Buchgeld oder Kryptowährungen nicht gelöst.

Und wie sieht es denn mit der Sicherheit der neuen Note aus? Die ist selbstverständlich auch gegeben, wie SNB-Vize Fritz Zurbrügg zu Protokoll gibt. Die neue 1000er-Note ist mit den identischen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet wie alle anderen Noten der neuen Serie auch, das sei sicher genug. Nichts kann die Nationalbank allerdings am Umstand ändern, dass eine physische Note eher verloren gehen kann als Buchgeld. Oder auch, dass der gemeine Taschendieb leichteres Spiel hat als der Hacker, der versucht an das Buchgeld seiner potenziellen Opfer zu kommen. Jene Sicherheit aber, die man im Griff haben kann, die scheint die SNB sicherzustellen.

Und so sieht sie aus, die ab morgen erhältliche 1000er-Note:


Der Händedruck will als Zeichen der Kommunikation verstanden werden, der Globus symbolisiert eine Schweiz als Teil der ganzen Welt. Auf der Rückseite ist das Parlament zu sehen, wie auch eine Darstellung der modernen sozialen Netze.

Die Erfolgsgeschichte Bargeld schreibt auf jeden Fall ein weiteres Kapitel. Ob diese Geschichte auch eine der Zukunft ist, zeigt sich die nächsten Jahrzehnte.

Nun wünschen wir im Umgang mit dem zweitletzten Mitglied der neuen Notenserie viel Spass, zumindest jenen Lesern, die sie jemals zu Gesicht bekommen werden.

Dieser Beitrag wurde von Matthias Schöpp gepostet.


Ankündigung: PPI Schweiz TopEvent unter dem Motto #OpenBanking

Schon bald ist es wieder soweit: PPI Schweiz lädt am späten Nachmittag des 11. April zum halbjährlichen Stelldichein der Zahlungsverkehrs-Experten ins Zunfthaus zur Hard nach Zürich ein.

Mit Open Banking steht ein Thema im Fokus, das in allen Abteilungen der Banken aufhorchen lässt. Besonders aber im Zahlungsverkehr gelten Schnittstellen zu Dritt-Anbietern, sogenannten Third Party Provider (TPPs), als zukunftsweisend. Die genaue Ausgestaltung – welche Services sollen angeboten, welche Anbindungen und Schnittstellen betrieben und welche Zielgruppen einbezogen werden – sind regional unterschiedlich. Mit PSD2 steht ein regulatorischer Rahmen für die EU bereit, der ab September diesen Jahres von allen Banken umgesetzt werden muss. Der Finanzplatz Schweiz untersteht der PSD2 nicht und lehnt Verpflichtungen zur Teilnahme bis dato ab. Unter dem Titel Connectivity steht hierzulande ein API-Projekt in den Startlöchern, welches erste Open Banking Services noch dieses Jahr anbieten wird.

Beim TopEvent hören Sie zentrale Figuren beider Initiativen. Christian Schäfer, Product Management Head Payments, hat die Umsetzung der PSD2 bei der Deutschen Bank über die letzten Jahre verantwortet. Besonders spannend zu erfahren: wie ist die Deutsche Bank das Thema angegangen und wie können die regulatorischen Anforderungen auch als Chance aufgefasst werden. In der zweiten Keynote spricht Dejan Juric, Head Connectivity bei SIX, über das Projekt Swiss Corporate API / Connectivity. Wie ist der Stand der Arbeitsgruppe? Wann ist mit dem Go-Live der ersten Use Cases zu rechnen? Kann die SIX-Plattform als zentrales Ökosystem auch für weitere Services genutzt werden? Diese Fragen werden vor allem vor dem Hintergrund der Ausführungen von Christian Schäfer äusserst aufschlussreich sein.

Im Anschluss wird unser CEO Carsten Miehling die Podiumsdiskussion mit den beiden Keynote Speakers moderieren. Hierbei können auch Sie aktiv werden: Welche Fragen brennen Ihnen und Ihrem Institut beim Thema Open Banking unter den Nägeln?

Wie üblich beim TopEvent geht die Diskussion bei gemütlicher Atmosphäre weiter. Unser Apéro bietet kulinarische Leckereien und musikalische Untermalung. Die ideale Plattform, um sich mit der Zahlungsverkehrs-Gilde auszutauschen. Es lohnt sich also wieder einmal, mit PPI Schweiz den TopEvent im Werdguet zu feiern. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung!


#PPISchweiz #TopEvent #OpenBanking

Wie haben Sie’s mit der Agilität, Madame?

Agilität ist eines DER Modewörter der jüngsten Wirtschafts- und Digitalisierungsgeschichte und wird inflationär in diversen Zusammenhängen verwendet. Beinahe alles muss heutzutage agil sein. Und im Netz finden sich Stimmen von Propheten, die zu wissen glauben, dass ohne Agilität jedes Business dem Tod geweiht sei. Zeit also für eine kleine ‚Charakteranalyse’ von Madame Agility.

Eine knappe Internetrecherche zeigt, dass hinter Agilität offensichtlich mehr steckt als nur ein Schlagwort. Die Bedeutung des Begriffs scheint vielschichtiger zu sein, als er normalerweise in den Medien so rasch eingeworfen wird. Denn Agilität ist wie das feine Spinnennetz, das verästelt, hauchdünn und ganz harmonisch im Wind hin- und herwiegt und doch so stark jedem Wetter trotzt.  Von Frank Weber lernen wir, dass Agilität nur funktioniert, wenn agile Instrumente akzeptiert und die Prozesse in der Firma agil gelebt werden. Es braucht also gemäss Weber im Unternehmen ein „Verständnis für die Wirkweise agiler Instrumente“ – denn nur so kann die Firma tatsächlich agil werden. Weber führt weiter aus: „Agilität ist eine Grundhaltung. Agilität ist die Fähigkeit, Stabilität und Flexibilität in die richtige Balance zu bringen.“ 

So zeigt uns Weber auf, dass Agilität unweigerlich mit der Firmenkultur und somit mit jedem einzelnen Mitarbeiter, jeder einzelnen Mitarbeiterin verwoben ist. Agilität entsteht demnach in den Organisationen, die den Mut und das nötige Mindset haben, ihr Verhalten auf den vier Grundwerten des agilen Manifestes zu basieren. Gemäss Weber heisst das: „mehr Fokus auf Individuen und Interaktionen zu legen als auf Prozesse und Werkzeuge. Mehr auf Veränderungen zu reagieren, als weiter einen Plan zu verfolgen. Mehr mit Kunden zusammenzuarbeiten, statt Verträge zu verhandeln. Mehr auf funktionsfähige Produkte zu setzen als auf ausgedehnte Dokumentation.“ Wir streben hier also nach einem tiefgreifenden Wandel in der Arbeits- und Wirtschaftswelt und es ist leicht vorstellbar, dass sich nicht jede Organisation dazu eignet, diesen Wandel erfolgreich mitzumachen. Denn Agilität beginnt –wie wir bereits gelernt haben- im Kopf jedes einzelnen und ist letztlich ein Produkt der Führungs- und Unternehmenskultur

Frau Hofert bringt es in ihrem Beitrag „Warum nicht jedes Unternehmen sofort agil werden muss“ auf den Punkt: „Ernsthafte Veränderungen brauchen Erschütterungen, Krisen und eine Dekonstruktion des Alten. Wer dazu nicht bereit ist oder den guten Grund nicht findet, ist auf Evolution angewiesen. Viele wollen Agilität als Speerspitze für sehr allgemeine Probleme nutzen. Sie wollen damit etwas bekämpfen, das meist mit schlechter Führung und digitaler Einfallslosigkeit zu tun hat. Es herrscht der Irrglaube vor, mit Agilität liessen sich sämtliche Probleme zwischenmenschlicher Natur, auch die lästigen kleinen Alltagskonflikte, endlich lösen. Es stecken auch viele Erwartungen in Agilität – zum Beispiel, dass es etwas Neues sei und sich auf wenige Handgriffe reduzieren liesse."

Heisst soviel wie: wenn es keine wirkliche Vision gibt, oder die Vision nicht mit Lust an Begegnungen und am gemeinsamen Lernen von der Belegschaft gelebt wird, ist Agilität im eigenen Unternehmen nicht überlebensfähig. Agilität lässt sich nicht mit einem Top – Down Prozess im Unternehmen installieren und Agilität ist auch kein Konzept mit dem man eine schlechte Führung, Fantasielosigkeit in der digitalen Strategie oder generell Manager auffangen kann, die sich nicht für Menschen sondern ausschliesslich für theoretische Methoden interessieren. 

Auch Herr Roock hakt mit seinem Beitrag „Agilität bedeutet, dem Kontrollwahn ein Ende zu bereiten“ genau hier ein. 

„Agilität (...) schafft weder Abgrenzungen noch Kontrolle im klassischen Sinne. Agilität zu verbreiten bedeutet Mauern einzureissen. Die agilen Kernideen machen es sehr einfach:

Bilde interdisziplinäre Teams und lass sie die Probleme der Endkunden lösen. Dazu haben sie direkten Endkundenkontakt. So verstehen die Mitarbeiter die Probleme und Bedürfnisse der Kunden wirklich und liefern Lösungen direkt an sie. Die agilen Teams lösen die Probleme der Endkunden möglichst schnell und ohne Verzögerungen. Sie arbeiten dazu selbstorganisiert und autonom (keine Abhängigkeiten). Und da die heutigen Probleme nicht so einfach zu lösen sind, arbeiten die Teams in kurzen Zyklen, um Arbeitsschritt für Arbeitsschritt kontinuierlich zu lernen und zu überprüfen, wie die Lösung und der Weg zur Lösung optimal aussehen. So begeistern agile Teams sowohl ihre Endkunden wie auch die eigenen Mitarbeiter.“ Agilität braucht also Platz, Zeit und Geld und entsteht u.a. dort, wo empathische und charismatische Führungspersonen Mitarbeitende auf sympathische Weise begeistern, aufwecken und mitreissen können. Hier ist Experimentierfreudigkeit gefragt kombiniert mit der Bereitschaft, eine andere Denk- und Handlungslogik zu leben und ein offenes Ohr für die Anliegen der Kunden zu haben. Und es hilft nichts, einzelne neue Digitalisierungsabteilungen agil zu gestalten, wenn der Rest des Wagens das neue Denken nicht mitträgt und –lebt. 

So wissen wir nun also, dass Madame Agility mitunter launisch sein kann. Aber wenn sie ihr Umfeld mag und merkt, dass alle auch sie mögen, dann entwickelt sie sich zu einer regelrechten Powerlady. 

Dieser Beitrag wurde von Matthias Hungerbühler gepostet.





Quellen



Swift MX - Banken müssen jetzt handeln



Warum müssen die Swift MT Zahlungsformate nach ISO 20022 migriert werden?

Da nationale und internationale Regulatoren von den Banken immer mehr Details über Zahlungen an Personen und Firmen verlangen, gehörte es zu den primären Geschäftsaufgaben, die Einhaltung der Mandate zu gewährleisten. So verlangt zum Beispiel die Financial Action Task Force Special Recommandation (FATF) die Einbindung und den Transport von Zahler-Informationen über die ganze Zahlungskette.

In der Vergangenheit waren Finanzinstitute nicht dazu verpflichtet, die vollständigen Informationen der in einer Zahlung involvierten Parteien zur Verfügung zu stellen. Heute müssen sie den Zahlungsinitiator wie auch den Empfänger kennen und sind dafür verantwortlich, die Kontonummer, den Namen und die Adresse des Überweisenden zu melden. Zukünftig werden die Regulatoren Banken daran hindern, Transaktionen zu prozessieren, wenn die Informationen über den Begünstigten nicht validiert werden können.

Der stetig steigende Bedarf an Informationen im Zahlungsverkehr im Kampf gegen Geldwäsche und Sanktionen erhöht auch den Druck auf die vollautomatisierte Verarbeitung von Zahlungen. Ein Wandel zu einem strukturierten Format, bei dem Details wie Geburtsdatum oder Passnummer hinterlegt werden können, fördert die automatisierte Verarbeitung dort, wo diese bis anhin rein manuell ist.

Basierend auf dieser regulatorischen Zahlungsformatierungsverantwortlichkeit ist die Erwartung, dass Meldungen für die Validierung der Zahlungsinformationen ordnungsgemäss formatiert sind. Der Swift MT Zahlungsstandard ist nicht flexibel genug, um die stetig steigenden regulatorischen Erwartungen zu erfüllen. Eine zusätzliche Herausforderung bilden die limitierten Formatierungsmöglichkeiten, um die Compliance-Anforderungen einzuhalten und die vollautomatisierte Verarbeitung hochzuhalten. Dies wiederum wird dazu führen, dass manuelle Arbeitsschritte in die Transaktionsverarbeitung eingeführt werden müssen, um die Validierung sicherzustellen. Längerfristig könnte dies dazu führen, dass Regulatoren ihre eigenen Standards vorschreiben. Die Finanzindustrie benötigt ihre eigene und flexible Struktur, die es erlaubt, Informationen über den ganzen Transaktionsprozess zu übermitteln und trotzdem eine einfache Validierung zulässt – und ISO 20022 offeriert diese Lösung

Die Wahl der Finanzindustrie ist klar. Sie kann den Wandel der Zahlungsmeldungsstandards selber gestalten oder andere übernehmen dies für sie. So ist es einer gewissen Dringlichkeit geschuldet, dass die Finanzindustrie geschlossen die Migration der Zahlungsformate von Swift FIN zu ISO 20022 vorantreibt.

Gibt es neben der regulatorischen Notwendigkeit auch andere Gründe für die Dringlichkeit ISO 20022 anzunehmen?

Im Grossen und Ganzen stehen wir den typischen Problemen von Standards gegenüber. Swift startete 1977 und Swift FIN blieb für über 40 Jahre de facto, wenn auch alter, Standard. Dies überlässt die Banken dem Wettbewerb durch Herausforderer- bzw. Nicht-Banken, welche mit neueren und kostensparenden Technologien den Markt mit besseren, schnelleren und günstigeren Zahlprodukten erobern.

Ein Teil des Impulses für die Finanzindustrie auf ISO 20022 zu migrieren ist auch der gesteigerten Effizient der Zahlungssysteminfrastrukturen geschuldet. Die Annahme des ISO-20022-Standards durch Marktinfrastrukturen auf der ganzen Welt war ein guter Start. Die Zahlungssysteme in vielen Ländern weltweit setzen schon ISO 20022 voraus, sei dies SEPA, SIC in der Schweiz, Japans Zengin System, Singapurs Giro System, Chinas CNAPS2 oder auch Finnland, Griechenland, Canada und Australien. Target2 plant den Abschluss der Migration auf ISO 20022 für November 2021.

Im Weiteren bedarf das langfristige Ziel der zahlungssystemübergreifenden Interoperabilität einer eigenen Berücksichtigung. Als Beispiel sei hier PSD2 genannt, welche für zugelassene Dritte den Zugang zu Zahl- und Kontodienstleistungen verlangt. Interoperabilität zwischen den Zahlsystemen basierend auf ISO 20022 reduziert Kosten und ermöglicht Dritten einen einfacheren Weg, sich an die Zahlungssysteme anzuschliessen. Generell unterstützen einheitliche Zahlungsformate und Technologien die Wiederverwendbarkeit von Dienstleistungen rund um den Zahlungsverkehr.

Darüber hinaus besteht auch ein Zusammenhang zwischen der Konvergenz von Zahlungssystemen für Massenzahlungen bzw. Kleinbeträgen und den grenzüberschreitenden Zahlungen im Hinblick auf die Interoperabilität. Immer mehr Clearing Häuser werden den ISO 20022 Standard für den Austausch von Zahlungsanweisungen nutzen und die Abwicklungszeiten minimieren können, als Beispiele seien hier Instant Payments und Swift gpi erwähnt. Letztendlich erfordert Interoperabilität ein gemeinsames Set an Funktionen für die Ausführung von Zahlungen aller Art.

Warum muss jetzt gehandelt werden? Nichts zu tun führt meist dazu, dass andere die Kontrolle übernehmen, die möglicherweise unangemessene Zeiträume für die Implementierung und Einhaltung von Vorschriften auferlegen. Da die Umstellung auf ISO 20022 Jahre dauern wird, um in der gesamten Finanzindustrie eingesetzt werden zu können, müssen sich die Teilnehmer schon jetzt damit auseinandersetzen und nicht erst das von Swift festgelegte Zeitfenster von 2021 – 2025 abwarten. Und keine Bank kann sich da ausnehmen. Die Migration betrifft Banken jeglicher Grösse, da sie und ihre Kunden zunehmend global unterwegs sind.

Untätigkeit hat auch unmittelbare negative Auswirkungen auf kleinere und mittlere Banken, die trotz dramatischer Veränderungen weiterhin in die aktuelle Marktinfrastruktur investieren. Die Swift-Community diskutiert deshalb über eine Initiative, bei der Banken jeder Grösse entscheiden können, wie sie schon heute am besten investieren, um künftige Anforderungen zu erfüllen. Mit diesen Investitionen können sich Banken besser positionieren, um auf die steigenden Anforderungen der Firmenkunden im Zahlungsverkehr flexibler zu reagieren. Die Unternehmerseite hat schon früh als Wegbereiter der Interoperabilität auf ISO 20022 gesetzt. Und die Unternehmergemeinschaft ist trotz aller Hindernisse wie unterschiedlichen Technologien und Plattformen selbst innerhalb von komplexen Firmenstrukturen auf einem guten Wege.

Aus Sicht von PPI Schweiz sollten die Schweizer Finanzinstitute die Migration von Swift MT auf MX schon jetzt ins Auge fassen und mit deren Planung beginnen. Das fachliche Wissen rund um ISO 20022 ist aufgrund der SIC und euroSIC Migration immer noch vorhanden und kann umfassend genutzt werden. Es wäre schade und sicherlich auch sehr teuer, wenn dieses Wissen für die nächsten 2 – 3 Jahre brachliegen würde und wieder von Neuem aufgebaut werden müsste.

Dieser Beitrag wurde von René Heusser gepostet.

#ZVMigration #SwiftMX

Extended Mind und Smartphone Banking

Im Juni 2014 entschied das US-Amerikanische Supreme Court, dass die Polizei einen richterlichen Beschluss benötigt, um das Smartphone eines Verdächtigen zu infiltrieren. Daran soll uns hier weniger der Umstand interessieren als vielmehr die Begründung. Die Richter stellten fest, dass «modern cell phones […] are now such a pervasive and insistent part of daily life that the proverbial visitor from Mars might conclude they were an important feature of human anatomy.» (https://www.law.cornell.edu/supremecourt/text/13-132). Aufgrund dessen sei der Einbruch in das Smartphone eine so tiefgreifende Verletzung der menschlichen Privatsphäre und nur mit richterlichem Beschluss zu rechtfertigen. Die Implikation dieser Metapher, nämlich der des Smartphones als wichtigem Teil unserer Anatomie, wollen wir heute nachgehen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Tragweite von Smartphone Banking ziehen.

Das Smartphone ständig griffbereit in der Hosentasche – jeder kennt das. Die ganze digitale Welt in einem handlichen Gerät. Aus Wissen wird das Wissen-wo-es-steht. Stetig fliessen Daten vom Digitalen ins Analoge und gleichzeitig vom Analogen ins Digitale (unsere User-Daten). Ein ständiger Strom statt – wie früher – feste Grenzen zwischen Selbst und Umwelt.

Welche Auswirkungen hat diese sehr junge Entwicklung? Und zwar nicht nur auf die Gesundheit, sondern auf unsere gesamte Persönlichkeit? Einige Studien legen nahe, Smartphones schwächen die Konzentrationsfähigkeit und machen uns geistig faul – schliesslich müssen wir dank Siri & Co. immer seltener das Gehirn bemühen, um uns an Termine zu erinnern oder in einer neuen Stadt zurecht zu finden (Cherry, 2018).

Möglicherweise sind die Effekte aber noch viel tiefgehender. Berühren und streiche(l)n waren in der Evolution stets Mittel zur Herstellung von Intimität. Tatsächlich erhöhen diese haptischen Elemente Vertrauen und Risikofreudigkeit (Melumad und Pham, 2017). Nicht erst seitdem Sprachassistenten Einzug ins Smartphone erhalten haben, lagern wir immer mehr kognitive Aufgaben in das Gerät in der Hosentasche aus (Chemero und Käufer, 2018). 

Philosophen wenden daher seit einiger Zeit die sog. Extended-Mind-Hypothese (nach Clark und Chalmers, 1998) auf die Forschung über technologische Geräte an (z.B. Record und Miller, im Erscheinen). Schon viel früher, nämlich vor 91 Jahren, schrieb der deutsche Philosoph Martin Heidegger über die Zuhandenheit von Werkzeugen des täglichen unreflektierten Gebrauchs. Ein Hammer werde „zunächst und zumeist“ nicht als Gegenstand benutzt – also als etwas, dem wir gegenüber stehen – sondern ist uns viel näher und unmittelbarer gegeben. Erst wenn der Hammer nicht funktioniert, interessieren wir uns für ihn als Ding und definieren Eigenschaften (Grösse, Gewicht, etc.). Je komplexer das „Zeug“, desto weniger kennen wir die Eigenschaften und Mechanismen, sind aber gleichwohl meist zufrieden, sofern es uns im Alltag verlässliche Dienste leistet. Der Hammer als Zeug ist zuhanden, indem er uns leicht zur Hand geht, der (nicht funktionierende) Hammer als Ding ist vorhanden, liegt uns also gleichsam gegenüber und wird betrachtet und analysiert (Lynch, 2016).

Und damit wären wir beim Smartphone. Erst das Smartphone ist wirklich „handy“, also  intuitiv zu bedienen und funktioniert in aller Regel völlig anstandslos. Die iPhone-Revolution hat dazu geführt, dass das Taschengerät immer weniger Ding und immer mehr Zeug wurde. Aufgrund der haptischen Bedienung und Handlichkeit gehen wir mit dem Smartphone natürlicher und intuitiver um als mit PC oder Laptop. So konnte es immer mehr die Stellung als zentrale Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Welt einnehmen. Und je haptischer, intuitiver und unauffälliger die Bedienung ist, desto weniger nehmen wir diese Schnittstelle selbst noch wahr und desto besser können wir die zahlreichen Anwendungen nutzen, mit denen es uns verbindet. 

Das Smartphone ist also nicht irgendein technologisches Gadget. Die Einflüsse auf unsere Persönlichkeit und Subjektivität prägen auch die Erwartungshaltung, die wir an Smartphone Banking Lösungen haben – so zumindest die hier zur Diskussion gestellte These. Daraus folgt zunächst, dass Banken ihre App nicht nur als ein Kanal ähnlich dem e-Banking verstehen sollten, sondern als viel intimeren Kontaktpunkt zum Kunden. NeoBanken haben das begriffen und bieten oft nur noch die App-Oberfläche an.

Sie sind es auch, die den Datenschatz, den der digitale Austausch bietet, intensiv nutzen. Ausserdem setzen sie stark auf PSD2 und ähnliche Initiativen und können so den oben erwähnten stetigen, unauffälligen und selbstverständlichen Datenstrom in beide Richtungen gewährleisten. Womöglich verändert die Fluidität des Bezugs zum Digitalen auch unser Verhältnis zum Digital-Geld selbst. Revolut beispielsweise zeigt nicht nur den Kontostand an, sondern den Geldfluss – absteigend während des Monats, ansteigend am 25ten. Der exakte Betrag wird sekundär. An die Stelle der bewussten Kontrolle treten selbst definierbare Budget-Regeln. Die App warnt uns, wenn wir das gesetzte Limit erreichen. Vielleicht werden wir so durch Mobile Payments zahlungsfreudiger im Alltag?

In jedem Fall werden intelligente Banken die Befunde, dass haptische Bedienung Risikofreudigkeit und Vertrauen erhöhen, auszunützen wissen. Möglichst wenig sollte auf Tastatureingaben, möglichst viel auf Wischen, Streichen und Stupsen zurückgegriffen werden. Biometrische Authentifizierungsverfahren sind der Passworteingabe vorzuziehen. All das kann dabei helfen, eine subtile Nähe zu einer User Group aufzubauen, die der Kundenberater recht selten zu Gesicht bekommt.

Die App der Bank muss genauso einfach zu bedienen sein und fehlerfrei funktionieren wie wir das von anderen Apps gewöhnt sind. Und natürlich muss alles sofort verfügbar sein – daher die Erwartungen an Instant Payments. Dies sind hohe technische Anforderungen. Banken werden sie jedoch umsetzen müssen, wollen sie den modernen Smartphone-Menschen erreichen. Durch eine hohe Nutzerfreundlichkeit ihrer App kann sich die Bank als zentrale Schnittstelle zu den finanziellen Angelegenheiten des Kunden etablieren. Hier gibt es noch viele Möglichkeiten, sich zu differenzieren: Man denke nur an vereinfachte Einrichtung der Sprachsteuerung, an Chat-Bots, die ihre Sprachwahl an das Kundenprofil anpassen, an Schnittstellen zu Depot und Vermögensverwaltung sowie an all das, was unter Gamification rangiert (siehe unser früherer Blog). Aber auch für das Unternehmenskundengeschäft lassen sich aus diesen Überlegungen Rückschlüsse ableiten. Schliesslich benutzen Unternehmen heute Apps für ihren Zahlungsverkehr. Die verteilte elektronische Unterschrift (VEU) ist hier eine jüngere Entwicklung.

Mark Weiser, eine Koryphäe des frühen Silicon Valley, schrieb in seinem prägenden Papier The Computer for the 21st century (Weiser, 1991): «The most profound technologies are those that disappear. They weave themselves into the fabric of everyday life until they are indistinguishable from it.» Wenn wir diesem Gedanken folgen, dann müssen wir annehmen, dass Sprachassistenten und Virtual Reality Brillen nur konsequente Entwicklungsschritte sind. Und dass es vielleicht nicht mehr lange dauert, bis Smartphones durch Chips ersetzt werden, die wir unter der Haut eines Fingers tragen und mit tippen auf diesen ein- und ausschalten. Das klingt aktuell noch nach Science Fiction. Aber das hätte unser heutiger Umgang mit Smartphones vor 10 Jahren auch. Erfolgreiche Banken werden all diesen Entwicklungen nicht ablehnend oder herablassend gegenüber stehen, sondern die Chancen – etwa den engen personalisierten Kundenkontakt bei gleichzeitig niedrigem Personaleinsatz – zu nutzen wissen. Und natürlich dürfen sie bei alldem nicht die Schlussfolgerungen vergessen, die der Supreme Court zieht: die Daten auf unserem Smartphone müssen so sicher sein wie unser leibliches Wohl.


Dieser Beitrag wurde von Sebastian Strub gepostet.

#Smartphone #MobileBanking








Quellen:

Chemero, Anthony und Käufer, Stephan (2018): Pragmatism, Phenomenology, and Extended Cognition, in: Pragmatism and Embodies Cognitive Science, S. 57-72

Cherry, Kendra (2018): The Effects of Smartphones on the Brain

Clark, Andy und Chalmers, David J. (1998): The Extended Mind, Analysis 58 (1), S. 7-19

Lynch, Michael Patrick (2016): Leave my iPhone alone: why our smartphones are extensions of ourselves, The Guardian 19.02.2016

Melumad, Shiri und Pham, Michel (2017): Understanding the Psychology of Smartphone Usage: the Adult Pacifier Hypothesis, in NA - Advances in Consumer Research Volume 45, S. 25-30

Record, Isaac und Miller, Boaz (im Erscheinen) Taking iPhone Seriously: Epistemic Technologies and the Extended Mind, in: Extended Epistemology

Weiser, Mark (1991): The Computer for the 21st century, Scientific American Ubicomp Paper

Was wäre wenn Instant Payments morgen eingeführt würde?

Um dieser Frage nachgehen zu können, muss erst einmal klar sein, was Instant Payments denn eigentlich genau sind. Viele verstehen unter diesem Begriff einfach nur das Prozedere schnell Geld von A nach B überweisen zu können, doch der Begriff beinhaltet deutlich mehr. Per Definition sind Instant Payments elektronische, multikanalfähige Zahlungsverkehrslösungen, die permanent (24/7/365) zur Verfügung stehen und folgende Charakteristika aufweisen:

Zahlungen werden sofort (also innerhalb von Sekunden nach Auslösung der Zahlung)
- an den PSP des Zahlungsempfänger übermittelt
- dem Zahlungsauslöser bestätigt
- dem Konto des Zahlungsempfängers gutgeschrieben
- dem Empfänger verfügbar gemacht

Unter Beachtung dieser Parameter stellen wir schnell fest, dass Instant Payments deutlich mehr sind, als nur ein einfacher Überweisungsvorgang oder ein reines Bankprodukt. Ebenso fällt auf, dass es teilweise bereits seit Längerem Produkte und Lösungen am Markt gibt, die in die Kategorie Instant Payments fallen. Auch wenn diese in vielen Fällen bislang lediglich als geschlossenes System funktionieren, sind sie dennoch bereits heute ein Bestandteil unseres Zahlungsverkehrsalltags.

Status Quo
Mit SEPA Instant Payments und PSD2 stehen innerhalb der EU Konstrukte zur Verfügung, auf deren Basis die Einführung und Umsetzung von Instant Payments ermöglicht und vorangetrieben werden sollen. Dennoch sieht sich die Realität teilweise immer noch weit von einer umfassenden Einführung und vor allem einer Etablierung von Instant Payments entfernt. Die Gründe hierfür sind vielfältig:
Echtzeitüberweisungen sind beispielsweise nur möglich, wenn beide involvierten Banken den entsprechenden Service anbieten (was Stand heute z.B. in Deutschland auch mehr als 1 Jahr nach dem offiziellen Start noch immer nicht flächendeckend der Fall ist). Ein weiteres Hindernis ist die teils sehr differenzierte Preisgestaltung, von «im Preis inklusive» bis hin zu «vollkommen überteuert» ist hier alles mit dabei. Für Kunden stellt sich somit die Frage, wieso sie für einen Service Geld bezahlen sollen, den es bei anderen Anbietern bereits seit Jahren völlig kostenfrei und auch noch mit deutlich mehr Zusatzdiensten (bspw. Käuferschutz) gibt – Stichwort PayPal, hierbei einer der grossen Konkurrenten und «Angstgegner» der Banken. Auch das Fehlen von einheitlichen technischen Schnittstellen und standardisierten Prozessen für den Einsatz am POS, im E-Commerce und P2P-Zahlungen verhindern das Ablösen bestehender Verfahren und somit das Etablieren von Instant Payments und das damit verbundene Innovationspotential. Auch wenn es bereits verschiedenste Produkte am Markt gibt (u.a. auch von Banken), fehlt es hierbei, neben der Interoperabilität zueinander, meist auch an der entscheidenden Verbesserung gegenüber bestehenden Verfahren und Möglichkeiten (Geschwindigkeit, Usability, u.v.m.). 

Was wäre nun, wenn...
Gerade für Corporates dürften sich bezüglich der fiktiven morgigen Einführung von Instant Payments sowohl freudige Erwartung als auch gewisse Bedenken bezüglich eigener Prozesse einstellen. Neben der sehnlichst erwarteten sofortigen Zahlungsbestätigung sowie entsprechenden Möglichkeiten im Bereich Treasury, stehen diese auch vor der Herausforderung, ihre Folgeprozesse an die Geschwindigkeit der Bezahlprozesse anzupassen. Nicht nur bei Online-Einkäufen wird dann ein sofortiger bzw. taggleicher Warenversand erwartet, auch müssen z.B.  Dienstleistungen wie Prepaid-Aufladungen oder der Kauf von Aktienfonds entsprechend auf die verschiedenen Zahlungswege angepasst werden. 
Für Privatanwender dürfte sich die erste Entwicklungsstufe grundsätzlich nicht übermässig bemerkbar machen. Ein Bedarf an Echtzeitüberweisungen wird sich in der breiten Masse erst einstellen, sobald sich diese als Standard etabliert und bestehende Verfahren kostenneutral ersetzt haben. Bereits verfügbare, geschlossene P2P-Zahlungssysteme werden zwar weiter an neuen Nutzern gewinnen, jedoch ebenfalls keine bestehenden Verfahren ablösen oder Kehrtwenden herbeiführen. 
Richtig spannend wird es daher erst, sobald P2P-Anbieter die derzeit noch fehlende Interoperabilität beseitigen und damit Nutzern, auch wenn sie verschiedene P2P-Lösungen verwenden, den gegenseitigen Geldtransfer ermöglichen. Die damit geschaffene Reichweite der Mobile-Payment-fähigen Lösungen ist jetzt auch für Händler höchst interessant, denn nun kann dank der Interoperabilität mit der gleichen App auch gleich am POS bezahlt werden. Die bislang zwischengeschaltete Debitkarte und die damit verbundenen Händlergebühren können somit zukünftig umgangen werden. Auch die Integration von immer mehr Mehrwertdiensten wie beispielsweise Payback-Lösungen, Gutscheinen, Coupons oder Bonuskarten wird deutlich zunehmen und damit auch weiter die Attraktivität entsprechender Bezahllösungen steigern. 

Fazit
Instant Payments weisen einen disruptiven Charakter auf und haben somit das Potential, bestehende Technologien durch Verbesserung derer alten Strukturen zu ersetzen und diese schlussendlich zu verdrängen. Früher oder später werden alle relevanten Bezahlverfahren über Instant Payments erfolgen, denn neben den nicht zu leugnenden Effizienzgewinnen für alle Beteiligten ist gerade unsere heutige Lebensart der massgebliche Treiber von Instant Payments. Alles muss schnell, jederzeit und zu jedem Zeitpunkt überall möglich sein, angefangen bei der Informationsbeschaffung, über Kommunikation, Bestellvorgänge und schlussendlich bis hin zur Bezahlung. Auf Bankenebene ist es eher eine Frage des Geschäftsmodells und weniger der technischen Umsetzung, deren Grundlagen innerhalb der Bankenwelt mittlerweile weitestgehend geschaffen und verfügbar sind. Unsere heutige Welt ist bereits «Instant» und dorthin wird sich unweigerlich auch unser Zahlungsverkehr entwickeln. Die Frage bleibt jedoch, inwieweit sich Banken gegenüber Drittanbietern behaupten und damit ihre Ertragsquellen aus dem Zahlungsverkehr sichern können. Wieder einmal dürften Innovationskraft und Geschwindigkeit die massgebenden Faktoren für einen nachhaltigen Erfolg sein.

Dieser Beitrag wurde von David Lehr gepostet.

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