Was wäre wenn Instant Payments morgen eingeführt würde?

Um dieser Frage nachgehen zu können, muss erst einmal klar sein, was Instant Payments denn eigentlich genau sind. Viele verstehen unter diesem Begriff einfach nur das Prozedere schnell Geld von A nach B überweisen zu können, doch der Begriff beinhaltet deutlich mehr. Per Definition sind Instant Payments elektronische, multikanalfähige Zahlungsverkehrslösungen, die permanent (24/7/365) zur Verfügung stehen und folgende Charakteristika aufweisen:

Zahlungen werden sofort (also innerhalb von Sekunden nach Auslösung der Zahlung)
- an den PSP des Zahlungsempfänger übermittelt
- dem Zahlungsauslöser bestätigt
- dem Konto des Zahlungsempfängers gutgeschrieben
- dem Empfänger verfügbar gemacht

Unter Beachtung dieser Parameter stellen wir schnell fest, dass Instant Payments deutlich mehr sind, als nur ein einfacher Überweisungsvorgang oder ein reines Bankprodukt. Ebenso fällt auf, dass es teilweise bereits seit Längerem Produkte und Lösungen am Markt gibt, die in die Kategorie Instant Payments fallen. Auch wenn diese in vielen Fällen bislang lediglich als geschlossenes System funktionieren, sind sie dennoch bereits heute ein Bestandteil unseres Zahlungsverkehrsalltags.

Status Quo
Mit SEPA Instant Payments und PSD2 stehen innerhalb der EU Konstrukte zur Verfügung, auf deren Basis die Einführung und Umsetzung von Instant Payments ermöglicht und vorangetrieben werden sollen. Dennoch sieht sich die Realität teilweise immer noch weit von einer umfassenden Einführung und vor allem einer Etablierung von Instant Payments entfernt. Die Gründe hierfür sind vielfältig:
Echtzeitüberweisungen sind beispielsweise nur möglich, wenn beide involvierten Banken den entsprechenden Service anbieten (was Stand heute z.B. in Deutschland auch mehr als 1 Jahr nach dem offiziellen Start noch immer nicht flächendeckend der Fall ist). Ein weiteres Hindernis ist die teils sehr differenzierte Preisgestaltung, von «im Preis inklusive» bis hin zu «vollkommen überteuert» ist hier alles mit dabei. Für Kunden stellt sich somit die Frage, wieso sie für einen Service Geld bezahlen sollen, den es bei anderen Anbietern bereits seit Jahren völlig kostenfrei und auch noch mit deutlich mehr Zusatzdiensten (bspw. Käuferschutz) gibt – Stichwort PayPal, hierbei einer der grossen Konkurrenten und «Angstgegner» der Banken. Auch das Fehlen von einheitlichen technischen Schnittstellen und standardisierten Prozessen für den Einsatz am POS, im E-Commerce und P2P-Zahlungen verhindern das Ablösen bestehender Verfahren und somit das Etablieren von Instant Payments und das damit verbundene Innovationspotential. Auch wenn es bereits verschiedenste Produkte am Markt gibt (u.a. auch von Banken), fehlt es hierbei, neben der Interoperabilität zueinander, meist auch an der entscheidenden Verbesserung gegenüber bestehenden Verfahren und Möglichkeiten (Geschwindigkeit, Usability, u.v.m.). 

Was wäre nun, wenn...
Gerade für Corporates dürften sich bezüglich der fiktiven morgigen Einführung von Instant Payments sowohl freudige Erwartung als auch gewisse Bedenken bezüglich eigener Prozesse einstellen. Neben der sehnlichst erwarteten sofortigen Zahlungsbestätigung sowie entsprechenden Möglichkeiten im Bereich Treasury, stehen diese auch vor der Herausforderung, ihre Folgeprozesse an die Geschwindigkeit der Bezahlprozesse anzupassen. Nicht nur bei Online-Einkäufen wird dann ein sofortiger bzw. taggleicher Warenversand erwartet, auch müssen z.B.  Dienstleistungen wie Prepaid-Aufladungen oder der Kauf von Aktienfonds entsprechend auf die verschiedenen Zahlungswege angepasst werden. 
Für Privatanwender dürfte sich die erste Entwicklungsstufe grundsätzlich nicht übermässig bemerkbar machen. Ein Bedarf an Echtzeitüberweisungen wird sich in der breiten Masse erst einstellen, sobald sich diese als Standard etabliert und bestehende Verfahren kostenneutral ersetzt haben. Bereits verfügbare, geschlossene P2P-Zahlungssysteme werden zwar weiter an neuen Nutzern gewinnen, jedoch ebenfalls keine bestehenden Verfahren ablösen oder Kehrtwenden herbeiführen. 
Richtig spannend wird es daher erst, sobald P2P-Anbieter die derzeit noch fehlende Interoperabilität beseitigen und damit Nutzern, auch wenn sie verschiedene P2P-Lösungen verwenden, den gegenseitigen Geldtransfer ermöglichen. Die damit geschaffene Reichweite der Mobile-Payment-fähigen Lösungen ist jetzt auch für Händler höchst interessant, denn nun kann dank der Interoperabilität mit der gleichen App auch gleich am POS bezahlt werden. Die bislang zwischengeschaltete Debitkarte und die damit verbundenen Händlergebühren können somit zukünftig umgangen werden. Auch die Integration von immer mehr Mehrwertdiensten wie beispielsweise Payback-Lösungen, Gutscheinen, Coupons oder Bonuskarten wird deutlich zunehmen und damit auch weiter die Attraktivität entsprechender Bezahllösungen steigern. 

Fazit
Instant Payments weisen einen disruptiven Charakter auf und haben somit das Potential, bestehende Technologien durch Verbesserung derer alten Strukturen zu ersetzen und diese schlussendlich zu verdrängen. Früher oder später werden alle relevanten Bezahlverfahren über Instant Payments erfolgen, denn neben den nicht zu leugnenden Effizienzgewinnen für alle Beteiligten ist gerade unsere heutige Lebensart der massgebliche Treiber von Instant Payments. Alles muss schnell, jederzeit und zu jedem Zeitpunkt überall möglich sein, angefangen bei der Informationsbeschaffung, über Kommunikation, Bestellvorgänge und schlussendlich bis hin zur Bezahlung. Auf Bankenebene ist es eher eine Frage des Geschäftsmodells und weniger der technischen Umsetzung, deren Grundlagen innerhalb der Bankenwelt mittlerweile weitestgehend geschaffen und verfügbar sind. Unsere heutige Welt ist bereits «Instant» und dorthin wird sich unweigerlich auch unser Zahlungsverkehr entwickeln. Die Frage bleibt jedoch, inwieweit sich Banken gegenüber Drittanbietern behaupten und damit ihre Ertragsquellen aus dem Zahlungsverkehr sichern können. Wieder einmal dürften Innovationskraft und Geschwindigkeit die massgebenden Faktoren für einen nachhaltigen Erfolg sein.

Dieser Beitrag wurde von David Lehr gepostet.

#InstantPayments

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