Da nationale und internationale Regulatoren von den Banken immer mehr Details über Zahlungen an Personen und Firmen verlangen, gehörte es zu den primären Geschäftsaufgaben, die Einhaltung der Mandate zu gewährleisten. So verlangt zum Beispiel die Financial Action Task Force Special Recommandation (FATF) die Einbindung und den Transport von Zahler-Informationen über die ganze Zahlungskette.
In der Vergangenheit waren Finanzinstitute nicht dazu verpflichtet, die vollständigen Informationen der in einer Zahlung involvierten Parteien zur Verfügung zu stellen. Heute müssen sie den Zahlungsinitiator wie auch den Empfänger kennen und sind dafür verantwortlich, die Kontonummer, den Namen und die Adresse des Überweisenden zu melden. Zukünftig werden die Regulatoren Banken daran hindern, Transaktionen zu prozessieren, wenn die Informationen über den Begünstigten nicht validiert werden können.
Der stetig steigende Bedarf an Informationen im Zahlungsverkehr im Kampf gegen Geldwäsche und Sanktionen erhöht auch den Druck auf die vollautomatisierte Verarbeitung von Zahlungen. Ein Wandel zu einem strukturierten Format, bei dem Details wie Geburtsdatum oder Passnummer hinterlegt werden können, fördert die automatisierte Verarbeitung dort, wo diese bis anhin rein manuell ist.
Basierend auf dieser regulatorischen Zahlungsformatierungsverantwortlichkeit ist die Erwartung, dass Meldungen für die Validierung der Zahlungsinformationen ordnungsgemäss formatiert sind. Der Swift MT Zahlungsstandard ist nicht flexibel genug, um die stetig steigenden regulatorischen Erwartungen zu erfüllen. Eine zusätzliche Herausforderung bilden die limitierten Formatierungsmöglichkeiten, um die Compliance-Anforderungen einzuhalten und die vollautomatisierte Verarbeitung hochzuhalten. Dies wiederum wird dazu führen, dass manuelle Arbeitsschritte in die Transaktionsverarbeitung eingeführt werden müssen, um die Validierung sicherzustellen. Längerfristig könnte dies dazu führen, dass Regulatoren ihre eigenen Standards vorschreiben. Die Finanzindustrie benötigt ihre eigene und flexible Struktur, die es erlaubt, Informationen über den ganzen Transaktionsprozess zu übermitteln und trotzdem eine einfache Validierung zulässt – und ISO 20022 offeriert diese Lösung
Die Wahl der Finanzindustrie ist klar. Sie kann den Wandel der Zahlungsmeldungsstandards selber gestalten oder andere übernehmen dies für sie. So ist es einer gewissen Dringlichkeit geschuldet, dass die Finanzindustrie geschlossen die Migration der Zahlungsformate von Swift FIN zu ISO 20022 vorantreibt.
Gibt es neben der regulatorischen Notwendigkeit auch andere Gründe für die Dringlichkeit ISO 20022 anzunehmen?
Im Grossen und Ganzen stehen wir den typischen Problemen von Standards gegenüber. Swift startete 1977 und Swift FIN blieb für über 40 Jahre de facto, wenn auch alter, Standard. Dies überlässt die Banken dem Wettbewerb durch Herausforderer- bzw. Nicht-Banken, welche mit neueren und kostensparenden Technologien den Markt mit besseren, schnelleren und günstigeren Zahlprodukten erobern.
Ein Teil des Impulses für die Finanzindustrie auf ISO 20022 zu migrieren ist auch der gesteigerten Effizient der Zahlungssysteminfrastrukturen geschuldet. Die Annahme des ISO-20022-Standards durch Marktinfrastrukturen auf der ganzen Welt war ein guter Start. Die Zahlungssysteme in vielen Ländern weltweit setzen schon ISO 20022 voraus, sei dies SEPA, SIC in der Schweiz, Japans Zengin System, Singapurs Giro System, Chinas CNAPS2 oder auch Finnland, Griechenland, Canada und Australien. Target2 plant den Abschluss der Migration auf ISO 20022 für November 2021.
Im Weiteren bedarf das langfristige Ziel der zahlungssystemübergreifenden Interoperabilität einer eigenen Berücksichtigung. Als Beispiel sei hier PSD2 genannt, welche für zugelassene Dritte den Zugang zu Zahl- und Kontodienstleistungen verlangt. Interoperabilität zwischen den Zahlsystemen basierend auf ISO 20022 reduziert Kosten und ermöglicht Dritten einen einfacheren Weg, sich an die Zahlungssysteme anzuschliessen. Generell unterstützen einheitliche Zahlungsformate und Technologien die Wiederverwendbarkeit von Dienstleistungen rund um den Zahlungsverkehr.
Darüber hinaus besteht auch ein Zusammenhang zwischen der Konvergenz von Zahlungssystemen für Massenzahlungen bzw. Kleinbeträgen und den grenzüberschreitenden Zahlungen im Hinblick auf die Interoperabilität. Immer mehr Clearing Häuser werden den ISO 20022 Standard für den Austausch von Zahlungsanweisungen nutzen und die Abwicklungszeiten minimieren können, als Beispiele seien hier Instant Payments und Swift gpi erwähnt. Letztendlich erfordert Interoperabilität ein gemeinsames Set an Funktionen für die Ausführung von Zahlungen aller Art.
Warum muss jetzt gehandelt werden? Nichts zu tun führt meist dazu, dass andere die Kontrolle übernehmen, die möglicherweise unangemessene Zeiträume für die Implementierung und Einhaltung von Vorschriften auferlegen. Da die Umstellung auf ISO 20022 Jahre dauern wird, um in der gesamten Finanzindustrie eingesetzt werden zu können, müssen sich die Teilnehmer schon jetzt damit auseinandersetzen und nicht erst das von Swift festgelegte Zeitfenster von 2021 – 2025 abwarten. Und keine Bank kann sich da ausnehmen. Die Migration betrifft Banken jeglicher Grösse, da sie und ihre Kunden zunehmend global unterwegs sind.
Untätigkeit hat auch unmittelbare negative Auswirkungen auf kleinere und mittlere Banken, die trotz dramatischer Veränderungen weiterhin in die aktuelle Marktinfrastruktur investieren. Die Swift-Community diskutiert deshalb über eine Initiative, bei der Banken jeder Grösse entscheiden können, wie sie schon heute am besten investieren, um künftige Anforderungen zu erfüllen. Mit diesen Investitionen können sich Banken besser positionieren, um auf die steigenden Anforderungen der Firmenkunden im Zahlungsverkehr flexibler zu reagieren. Die Unternehmerseite hat schon früh als Wegbereiter der Interoperabilität auf ISO 20022 gesetzt. Und die Unternehmergemeinschaft ist trotz aller Hindernisse wie unterschiedlichen Technologien und Plattformen selbst innerhalb von komplexen Firmenstrukturen auf einem guten Wege.
Aus Sicht von PPI Schweiz sollten die Schweizer Finanzinstitute die Migration von Swift MT auf MX schon jetzt ins Auge fassen und mit deren Planung beginnen. Das fachliche Wissen rund um ISO 20022 ist aufgrund der SIC und euroSIC Migration immer noch vorhanden und kann umfassend genutzt werden. Es wäre schade und sicherlich auch sehr teuer, wenn dieses Wissen für die nächsten 2 – 3 Jahre brachliegen würde und wieder von Neuem aufgebaut werden müsste.
Dieser Beitrag wurde von René Heusser gepostet.
#ZVMigration #SwiftMX
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