Anfangs Jahr hatte ich einige Prognosen angestellt, was die Finanzindustrie in der Schweiz im 2018 beschäftigen wird. Jetzt im Dezember werfen wir traditionsgemäss einen Blick zurück, um zu reflektieren, was in diesem Jahr tatsächlich an Projekten umgesetzt wurde, was allenfalls nicht eingetreten ist oder verschoben wurde.
Der vorausgesagte Trend zu mehr Outsourcing hat gemäss unserer Wahrnehmung nur bedingt stattgefunden. Es scheint so, dass insbesondere für kleinere und mittlere Banken der Druck zu mehr Outsourcing im Zahlungsverkehr noch immer nicht gross genug ist. Obwohl es viele neue Themen zu bewältigen gibt, scheint es doch so, dass noch viele Banken die Herausforderungen selbst meistern möchten.
Standardisierung und Automatisierung ist sehr wohl ein Thema, viele sogenannte Leuchtturmprojekte der Digitalisierung adressieren jedoch in erster Linie immer noch die Kundenschnittstelle und weniger die Backend-Prozesse. Beim Vorhaben «Harmonisierung Zahlungsverkehr» wurde mit der Migration des Formates DTA auf ISO 20022 sicherlich ein grosser Meilenstein erreicht. Heute, Ende 2018, gibt es nur noch wenige Kunden, welche nicht das neue Format für die Zahlungsaufträge einliefern.
Blicken wir auf die verwandten Themen, wie detaillierte Status-Reports oder Reporting ganz generell, gibt es je nach Institut noch einige Lücken zu schliessen. Dies ist umso wichtiger, da neue Anforderungen, wie QR-Bill, eBill oder Angebote im Schweizer Open Banking bereits in den Startlöchern stehen.
Die zukünftigen Möglichkeiten rund um die elektronische Rechnung bringen uns auch gleich zum Ausblick bezüglich der Schwerpunkte im kommenden Jahr. Es ist der erklärte Wille des Finanzplatzes Schweiz bis in 10 Jahren gegen 80% des Rechnungsvolumens elektronisch abwickeln zu wollen. Damit dies gelingt, müssen für alle Akteure die Prozesse einfacher werden und auch die entsprechenden Angebote, insbesondere im Bereich B2B, im Markt etabliert werden.
Mit der Einführung des zentralen eBill-Portals ist ein erster Schritt zur Vereinfachung vollzogen worden. Nun gilt es, das Portal für die grossen Firmenkunden mit ihren hohen Rechnungsvolumen auf der Verkäufer- und Käufer-Seite so zu gestalten, dass eine elektronische Abwicklung attraktiv, d.h. einfach und kostengünstig umgesetzt werden kann. Hier könnte die Öffnung für weitere Netzwerkpartner eine zentrale Rolle spielen. Im Prinzip sollte für den Rechnungssteller der Prozess der Rechnungseinlieferung ähnlich einfach sein, wie der heutige Lastschrift-Einzug.
Warum können beispielsweise keine elektronischen Rechnungen über das Standardprotokoll EBICS transportiert werden? Als standardisiertes Format für die Übermittlung würde sich für einfache Rechnungen eine PDF-Datei mit QR-Code und entsprechender Kennzeichnung eignen. Für komplexe Rechnungen könnte man auf den Standard ZUGFeRD zurückgreifen. Man könnte ähnlich dem Zahlungsauftrag auf der Basis einer standardisierten Kommunikation mit einem Standardformat einen grossen Schritt Richtung der angestrebten 80% elektronische Rechnungen unternehmen.
Wenn wir die nationale Optik etwas verlassen, dann stehen uns internationale Mega-Trends ins Haus. Da wäre wie bereits letztes Jahr erwähnt, die Echtzeitzahlung, auch Instant Payment genannt, 7*24*365, ein hoch relevantes Thema. Es ist zu erwarten, dass im nächsten Jahr in vielen Europäische Märkten SEPA Instant Payments «the new normal» werden wird. Der Finanzplatz Schweiz wird sich diesem Trend und den damit steigenden Anforderungen der Kunden nicht wiedersetzen können, auch wenn einige Bankvertreter noch heute behaupten, dass dies kein echtes Bedürfnis sei. Unserer Meinung nach sollte sich jede Bank die Frage stellen, was wäre, wenn in der Schweiz ein solches Angebot lanciert werden würde. Welche Produkte, Prozesse und Systeme wären von einem solchen Paradigmen-Wechsel im Zahlungsverkehr betroffen?
Seitens SWIFT, dem immer noch zentralsten weltweiten Netzwerk für die Zahlungsübermittlung, wird Instant Payments unter der Initiative SWIFT gpi subsummiert. Banken, welche heute im Auslandzahlungsverkehr Dienstleistungen anbieten, beschäftigt dieser Begriff schon seit längerem. Mit der Einführung des SWIFT gpi Trackers, des gpi Observers und dem gpi Directory wurden erste Mehrwerte für Banken und Bankkunden geschaffen. Insbesondere Asiatische Banken scheinen SWIFT gpi im grossen Stil umgesetzt zu haben. Mit weiteren angekündigten Services, wie z.B. der gpi Pre-Validation kommen zusätzliche Angebote in diesem Kontext aufs Tapet. Möchte eine Bank den Anschluss nicht verpassen, ist es jetzt höchste Zeit die entsprechenden Projekte zu lancieren.
Betrachtet man all die soeben erwähnten Initiativen im Zahlungsverkehr, so stellt sich manch einem Produktverantwortlichen die Frage, wo er seine begrenzten Ressourcen mit welcher Priorität einsetzen möchte. Es gilt zunächst die Anforderungen für das eigene Umfeld möglichst lückenlos zu erfassen und die Auswirkungen zu beschreiben. Ist diese Aufgabe erledigt, kann eine Evaluation der Lösungsszenarien vorgenommen werden. Eine mittelfristige Zahlungsverkehrs-Roadmap ist aktuell wichtiger denn je. Denn eines ist sicher: die Entwicklung auf diesem Gebiet geht auch in den nächsten Jahren noch mit steigender Geschwindigkeit weiter.
Strategisch gesehen ist so eine Roadmap ein wesentlicher Bestandteil der Gesamtbetrachtung. Globale Treiber müssen entsprechend eingeordnet und bewertet werden. Zu erwähnen wären hier beispielsweise Entwicklungen, die das Transaktionsvolumen nochmals erhöhen werden, wie z.B. Internet of Things oder der kontinuierliche Rückgang von Bargeldtransaktionen. Wollen die Banken der Entwicklung wie in Asien, wo heute bereits praktisch der gesamte Retail-Zahlungsverkehr von Nichtbanken abgewickelt wird, entgegenwirken, so müssen entsprechende Strategien ausgearbeitet werden. Als Alternative steht lediglich die Aufgabe dieser Dienstleistung zur Disposition. Ein Szenario, womit sich hierzulande wohl noch kein Institut so wirklich anfreunden möchte.
Wir von PPI als Spezialisten für Zahlungsverkehrs-Produkte und -Beratungs-Services stehen den Banken zur Seite und bringen unser Know-how und unsere Erfahrung in die spezifischen Projekte gerne ein. Sei dies als Sparring-Partner bei der Strategie-Entwicklung, bei der Begleitung im Themen-Priorisierungsprozess oder auch kurzfristig für die Überbrückung von Fachressourcen-Engpässen. Wir gehen davon aus, dass auch im nächsten Jahr der Bedarf an Fachspezialisten grösser sein wird, als die Banken mit eigenen Mitarbeitern und eigenen Produktentwicklungen werden abdecken können.
In diesem Sinne wünschen wir schöne Festtage und ein erfolgreiches 2019.
Dieser Beitrag wurde von Carsten Miehling verfasst.
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