Wie schon an den vorigen Events der jährlich stattfindenden Konferenz, fanden sich Entscheider und Spezialisten von Banken und Versicherungen, Strategieverantwortliche und Unternehmensentwickler, Fintech und Beratungsunternehmen ein, die sich zu aktuellen und künftigen Themen informieren und austauschen wollten.
Georges Grivas eröffnete die Konferenz mit Gedanken zum Umfeld von Fintechs in der Schweiz. Ob PSD2 eine Erleichterung bringt und dass trotzdem das Investitionskapital mit 50 Millionen Franken (0,3% des weltweiten Investitionskapitals) nur einen verschwindend geringen Teil darstellt. Bisher galt „Mobile First“. Würde es künftig „AI First“ heissen und was würden Big Data und Blockchain für Auswirkungen haben? Mit diesen Eingebungen starteten wir in die Vortragsrunde.
Oliver T. Bussmann stellte in seiner KeyNote auch gleich zentrale Fragen: „Banking at the tipping point - steht das Banking auf der Kippe?“ Welche Tendenzen stehen vor der Tür? Der „Tipping Point“ ist zwar noch nicht da, aber Banken müssen sich vorbereiten, sonst verpassen sie den Anschluss. Werden Banken künftig ihre Software gar nicht mehr betreiben, sondern auf Cloud-Lösungen zurückgreifen und entsprechende Plattformen nutzen?
Blockchain wird ein Thema sein und alle primären Bankbereiche werden von Veränderungen betroffen sein. Die Frage wird vielmehr sein, wo man seine Schwerpunkte setzen will.
Wie soll sich eine Bank nun aber verhalten? Ideen eine Chance geben. Nach einem positiven Business Case Ideen ins Lab schicken und daraus dann Projekte generieren.
Als erster Referent stellte dann Dr. Kurt Mäder von der Liechtensteinischen Landesbank ihre Neuausrichtung der Omnikanal-Präsenz vor. Neben einer Entkopplung der Backendsysteme von den Frontend-Applikationen war wichtig, dass unterschiedliche Geschwindigkeiten gelebt werden. Neben grossen Projekten müssen auch „Speedboote“ realisiert werden können, wie die Video-Identifikation, die innerhalb 6 Wochen auf den Weg gebracht wurde.
In vielen Bereichen und Abteilungen mussten dafür Anpassungen vorgenommen werden, aber die Hausaufgaben für die Neuausrichtung sind gemacht.
Vor der Kaffeepause gab dann Dave Kauer von PostFinance einen aktuellen Status Quo und einen Ausblick auf die neue TWINT-Lösung, die kurz vor dem Relaunch steht und die besten Eigenschaften der bisherigen Lösung und die von Paymit vereint.
„Digitale Paymentlösungen sind hype, aber letztendlich ist es ein Kundenbedürfnis, welches eine Customer-Journey triggert“, betrachtete Dave nüchtern die Tatsache, dass es nicht rein um die Digitalisierung per se, sondern um den Kunden gehe.
Frisch gestärkt regte Christian Vetsch von Abrantix zum Nachdenken an, wo wir nur eine Schein-Digitalisierung vor uns haben. Wir fühlten uns stark an die Person erinnert, die im Automaten sitzt und nach Einwurf der Münze manuell den Lolli rausfallen lässt.
Nachholbedarf sah Christian eindeutig bei den Lösungen für die Geschäftskunden. Von den über 580'000 KMU-Betrieben in der Schweiz haben rund 150'000 einen Online-Auftritt. Wenn diese aber eine Kreditkarte auf dem Internetshop entgegennehmen wollen, erwartet sie die erste Ernüchterung mit den Papierverträgen.
Christian forderte , dass wir uns von dem Denkansatz der „2-Wege-Kommunikation“ verabschieden und dass Plattformen entstehen sollen, auf denen sich beispielsweise Geschäftskunden einfacher mit den notwendigen Werkzeugen versorgen können.
Als weiteren wunden Punkt sprach Christian an, dass mindestens 140'000 Händler hinter ihrem Online-Shop einen manuellen Verbuchungsprozess haben. Vielleicht ist hier ein neuer Geschäftsansatz, um diese KMU zu unterstützen?
Urs Haeusler, CEO von DealMarket und Vorstand von Swiss Finance Startups, einer Unterstützungsplattform für Gründer in der Schweiz, fand dann eine gute Möglichkeit, den Spannungsbogen bis zum Stehlunch aufrecht zu erhalten. Mit welchen Problemen haben Startups heutzutage zu kämpfen? Märkte sind nicht mehr regional begrenzt und Wertschöpfungsketten werden aufgebrochen. Da Startups als wichtige Treiber von Innovation und Arbeitsplätzen angesehen werden, forderte er, dass die Regierung durch verschiedene Aspekte die Startups aktiv unterstützen sollen. „Erfolgreiche Länder agieren und nehmen nicht die Zuschauerrolle ein.“
Der Stehlunch bot ausgiebig Möglichkeit für anregende Gespräche. Der Nachmittag fokussierte sich dann zunehmend auf Blockchain und die möglichen Spielvarianten. Sicher keine leichte Kost nach dem Mittagessen, aber alle Vorträge blieben spannend, sodass kein Tief entstand.
Felix Niederer zeigte zuerst spannende Möglichkeiten auf, wie Banken Roboadvisor einsetzen können. Anlagekunden nutzen bereits vermehrt digitale Lösungen und bei aktiv verwalteten Verwaltungsmandaten stellen diese Technologien eher einen Mehrwert dar, als ein Wegbruch von Einnahmequellen.
Antoine Verdon zeigte dann sehr plastisch auf, wie in ihrer Legalhub-Plattform die drei wichtigen Bereiche vereint werden: Digitale Verträge, Internet of Things und Blockchain. Durch das Internet of Things können ungeahnte Automatisierungen realisiert werden. Er sagte daneben voraus, dass es künftig für jedes physische Objekt auch einen „virtuellen Zwilling“ geben wird. So kann zum Beispiel eine wertvolle Uhr von der Herstellung bis zum Verkauf und der Weitergabe immer virtuell verfolgt werden.
Insulin aus China, welches im Container immer gewissen Voraussetzungen unterworfen sein muss, kann mit Sensoren immer durchgängig und optimal überwacht werden. Ist die Ware verdorben, kann beispielsweise automatisch der Container gestoppt, die Versicherungsleistung und eine Folgebestellung ausgelöst werden, sodass das dringend benötigte Medikament nicht erst am Bestimmungshafen als unbrauchbar deklariert werden muss.
Dies impliziert aber, dass entsprechende Aktionen nicht erst bei Eintritt des Schadens diskutiert werden können, sondern bereits bei Abschluss des Vertrages festgelegt werden müssen.
Nach diesen ersten Deep-Dives bot Christoph Pfluger, Journalist und Herausgeber der Zeitschrift „Zeitpunkt“ eine erfrischende aber auch nachdenklich stimmende Abwechslung.
Frei nach der These, dass Banken durch Kreditvergabe „aus dem Nichts“ Geld generieren können. Nachdenklich wurde man dabei, da das Geld, welches der Kreditnehmer erhält, auch nur eine Zahl auf einem Stück Papier darstellt, wie man auch bei digitaler Währung das Geld nicht mehr anfassen kann.
Nach einer weiteren Kaffeepause ging es in den Endspurt zu Schnittstellen zwischen Technologie und Finanzen und Regulierungsaspekten.
Zuerst veranschaulichte Dr. Luka Müller sehr gut, wie beispielsweise das Handling von Aktien blockchain-gestützt vollautomatisiert ablaufen kann. Dabei stellt ein Token ein digitales Eigentum dar.
Martin Godel beleuchtete anschliessend, welche Regulierungen es braucht und wo die Schweiz als Finanzplatz steht. Ausschlaggebend ist dabei nicht die Anzahl der Fintechs, sondern die Rahmenbedingungen, wie attraktiv der Markt für Fintechs ist. In einer kürzlichen Studie steht die Schweiz nämlich auf Platz 5, neu sogar auf Platz 2. Beleuchtet man aber die Situation für geldbewegende Startups, so fällt die Schweiz gar auf einen der letzten Plätze zurück! Warum ist das so? Bei den meisten Konstellationen ist bald eine Banklizenz fällig, die zu beantragen Zeit und wertvolles Startkapital bindet. Es zeigt sich aber ein Licht am Horizont. Durch eine aktuelle Eingabe sollen hier die rechtlichen Rahmenbedingungen für Startups entscheidend geändert werden. Kommen die Änderungen durch, könnte sich die Schweiz gar auf Platz 1 befördern. Umso wichtiger ist es, dass diese Vorlage vorangetrieben wird, deren Vernehmlassung bis Mai und gewisse Prüfungen bis Ende 2017 auf der Agenda stehen.
Die Podiumsdiskussion fasste die erfahrenen Punkte zusammen und zeigte auf, dass die Regulierung in der Schweiz bereits auf einem guten Weg ist. Beispielsweise im Bereich Blockchain haben sich die Regulatoren umfassendes Knowhow aufgebaut - unabdingbar, um vernünftige Regularien zu erlassen und dem Finanzplatz nicht im Weg zu stehen.
Dennoch geht es noch besser. Wünschenswert wäre, dass das Parlament in der Umsetzung schneller wäre, Abbau bürokratischer Hürden - immer im Vergleich zu anderen Ländern - vorangetrieben würde und auch die Steuersituation sich auf die neuen Unternehmen und Geschäftsmodelle einstellen würde.
Bei Mikropayments sollten so beispielsweise Limiten erlassen werden, unter denen die Besteuerung erleichtert würde. Eine zweite Schwelle wird für digitale Identifikation gefordert, sodass entsprechende Geschäfte leichter zustande kommen. Auch neue Regeln bezüglich der Cloud werden notwendig. Die heutigen entsprechen nicht mehr die Realität und vieles muss in einer Grauzone gehandhabt und individuell interpretiert werden.
Es ist nicht vielmehr die Quantität der Regulierung die zählt, sondern die Qualität, sodass alle Akteure die Anforderungen klar und deutlich verstehen. Hier hat die Schweiz bereits einen guten Ruf.
Es kamen auch Aspekte auf wie: „Alles kann gehackt werden, auch eine eID.“ Hierbei wurde ausgeführt, dass aber auch eine händische Unterschrift und ein Ausweispapier jederzeit sehr schnell kopiert und somit missbraucht werden kann.
Zum Schluss ging noch ein Aufruf an die Banken, dass eine elektronische Identität, wenn sie dann mal umgesetzt ist, auch von Banken akzeptiert und eingesetzt wird.
Fazit der Podiumsdiskussion: Das Thema ist komplex, aber die Schweiz ist bereits auf einem gutem Weg und wir dürfen gerade jetzt nicht nachlassen. Dann stehen wir in fünf Jahren gut da und die Schweiz kann sich international weiterhin als ein gefragter Knowhow- und Finanzplatz behaupten.
So kann dieser Tag nur als spannend und gelungen bezeichnet werden. Wir werden sicher das nächste Jahr im März wieder für Sie vor Ort sein, wenn die Hochschule Luzern zu spannenden Themen lädt.
Für Sie gebloggt hat Frank Rebmann von PPI Schweiz
Frank ist Senior Consultant bei PPI Schweiz und nebst seiner Affinität zu Mobile Payment begeistert er sich für den Meldungsaustausch im Zahlungsverkehr auf der Seite Kunde-Bank, insbesondere aber im Interbankbereich.
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