Erfolgreiche Ablehnung der Digitalisierung durch Regionalbanken?

Ertragsrückgänge durch die sinkende Zinsmarge, steigende Kosten durch immer mehr Regulierung und ein verändertes, digital-affines Kundenverhalten stellen hiesige Banken vor hohe Herausforderungen, wie eine kürzlich publizierte Studie von OTC-X Research zeigt.

Die Studie beruht auf einer Umfrage, die Ende Mai an 50 Regionalbanken, 17 Kantonalbanken und sechs weitere Finanzinstitute im selben Umfeld versandt wurde.

Wir wollen insbesondere die Ergebnisse hinsichtlich Digitalisierung und den daraus resultierenden Wettbewerbsdruck analysieren.
Interessant ist die Wahrnehmung von FinTechs als Wettbewerber. Während es in den vergangenen Jahren noch Banken waren, die als wettbewerbsintensivierend wahrgenommen wurden, nehmen heute ein Drittel der Teilnehmer Tech-Firmen wie Apple, FinTech-Startups und sogar Social Networks als Konkurrenten wahr. Völlig unbegründet ist das nicht. Nach dem Markteintritt von Apple Pay in der Schweiz folgte vor kurzem Samsung Pay und ebenso vor wenigen Wochen kündigte Apple eine P2P-Bezahlfunktion via iMessage an. Dies zunächst in den USA, ein "Überschwappen" nach Europa wird jedoch nicht lange auf sich warten lassen.
Die Banken in Europa rüsten massiv auf, um vor allem im Zahlungsverkehr auf der Grundlage des neuen SEPA Instant Payment Verfahren den Kunden neue, schnellere und komfortablere Dienstleistungen anzubieten.

Dieser Marktdruck bewegt die Banken dazu, mit FinTechs zu kooperieren. Fast ein Fünftel der befragten Banken gaben an, bereits in Kooperationen mit FinTechs involviert zu sein. Dagegen steht ein Drittel der Umfrageteilnehmer, die weder über FinTech-Kooperationen verfügen, noch diese geplant haben!
Und es kommt noch schlimmer: Für fast 40% der Teilnehmer ist die Digitalisierung überhaupt nicht von Bedeutung! Sind das die potentiellen Kandidaten für das vielfach heraufbeschworene Bankensterben, bei dem je nach Quelle zwischen 30 und 50% der heutigen Banken die nächsten zehn Jahre nicht überleben werden?

Aber es gibt auch positive Ergebnisse. So wollen immerhin über zwei Drittel der Regionalbanken einige Prozesse vollständig digitalisieren. Dazu gehören das Onboarding
für Neukunden, Kontoeröffnungen und Hypotheken. Auffallend ist, dass Firmenkunden bei den befragten Banken überhaupt nicht im Fokus zu stehen scheinen. Stattdessen werden Prozesse im Retailbanking teilweise digitalisiert, wo in der heutigen Zeit ohnehin kaum Geld zu verdienen ist. Es zeigt einmal mehr die Zurückhaltung der Finanzbranche, wenn es um die Entwicklung neuer Einnahmequellen geht. Vorzugsweise werden "Low hanging Fruits" wie Kostensenkungsmassnahmen angegangen, als dass man sich auf das Schaffen von nachhaltigen Innovationen fokussiert. Ist es denn nicht interessanter, neue Erträge zu generieren, anstatt das sterbende Pferd durch Aufziehen leichterer Hufeisen weiter zu reiten?

Oftmals fehlt es den Banken nicht nur am Willen, sondern auch an den richtigen Mitarbeitern. Einerseits laufen zu viele Entscheidungsträger dem "Business-as-usual" hinterher, was ihnen hilft, die Digitalisierungsthemen erfolgreich zu verdrängen. Andererseits sind, mit Ausnahme von Grossbanken, viele Finanzinstitute nicht interessant genug für junge, innovationsgetriebene und fähige Mitarbeiter, die es eher zu Tech-Firmen wie Google oder FinTech-Startups zieht.

Da teile ich die Schlussworte der Studienverfasser:
"Die Digitalisierung droht zum Menetekel der Regionalbanken zu werden. Die teilweise schlafwandlerische und späte Herangehensweise sowie die eher passive Adoption
als First Follower sind im Wesen reaktiv und wenig geeignet, um erkennbare Durchschlagskraft bei der Kundenbindung und -findung zu entwickeln."

Dem gibt es nichts hinzuzufügen.


Für Sie gebloggt hat Marco Vosseler

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