BKV DIGITAL Event: "Firmen- und Innovationskultur & Digitale Transformation bei Google"

DigitalFinanceExperts, DigitalTransformation
Unter diesem Titel lud der Bank Kader Verein (BKV) zu einer Veranstaltung in die Google-Räumlichkeiten an der Brandschenkestrasse 100 in Zürich. Wir von PPI Schweiz partizipierten an diesem Anlass, weil wir uns aus Leidenschaft täglich mit der Digitalen Transformation beschäftigen und nun mit dem Fokus Zahlungsverkehr vermehrt auch Corporates in ihrer strategischen und digitalen Ausrichtung im Schweizer Zahlungsverkehr unterstützen.

Der Einladung folgten interessanterweise vorwiegend Männer über 45. Ob man das dem fehlenden Interesse am Thema von weiblicher Seite her zuschreiben muss oder vielleicht doch eher der Tatsache, dass das Bankkader immer noch mehrheitlich aus Männern besteht, sei dahingestellt. Google jedenfalls lief mit einer Kader-Frau auf.

Die äusserst kompetente Referentin Sandra Emme schaffte es innert Kürze, die Anwesenden in ihren Bann zu ziehen. Als ‎Mitglied der Geschäftsleitung von Google Schweiz und Industry Head bei Google leitet sie eine Abteilung, die Beratertätigkeiten für Firmen aus den Bereichen Luxury, Finance/Banking und Watch-Making wahrnimmt, natürlich mit dem Fokus auf die digitale Strategie des jeweiligen Unternehmens.
Google wächst nicht nur in diesem Bereich in Zürich rasch, sondern verdoppelt insgesamt in der Limmatstadt bald die Kapazität und steigt im internen Google-Standortranking damit weltweit zur Nummer zwei auf. Bald werden die neuen Büros an der Europaallee beim Hauptbahnhof Zürich bezogen. Entscheidend für die Standortwahl Zürich ist für Google mitunter auch die Nähe zur Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH). Der Standort Zürich beschäftigt sich mehrheitlich mit den Bereichen des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz. Zurzeit arbeiten hier 2300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Tendenz stark steigend.

Frau Emme führte das Thema „Digitale Transformation“ geschickt und sehr Google-spezifisch mittels einer simplen Grafik ein, die veranschaulichte, dass sich die Anzahl der Suchanfragen nach diesem Begriff seit 2015 sehr stark nach oben bewegt und andere, langjährige Number-One Suchbegriffe hinter sich lässt. Niemand weiss so genau und in Echtzeit wie Google, was die Weltbevölkerung beschäftigt. Und die „Digitale Transformation“ gehört offensichtlich bewiesen dazu.

Nicht nur Manager beschäftigen sich weltweit mit den Auswirkungen dieser so raschen Veränderung. Auch Journalisten berichten in den grössten internationalen Tageszeitungen regelmässig über die „Digitale Transformation“ und in vielen Köpfen von Arbeitnehmenden führt dieses Thema leider immer noch zu Berührungs- oder sogar Existenzängsten. Jeder hat zwar schon davon gehört und doch bleibt das Thema für viele eher unfassbar und nebulös. Viele Fragen tauchen auf: Wofür steht die Digitale Transformation überhaupt? Wer treibt sie an? Wie wird sich meine persönliche Arbeitssituation dadurch verändern? Und wie muss ich mich als Unternehmer verhalten, um bei dieser Entwicklung nicht unterzugehen?

Internet-Connectivity

Gemäss Frau Emme erhielten in den vergangenen 30 Jahren immer mehr Menschen weltweit Zugang zum Internet. Immer mehr hiess aber bis heute: Längst nicht alle.
Was sich nun entschieden ändert. Gemäss Google wächst die online Connectivity rasant und spätestens in den nächsten drei bis fünf Jahren werden weltweit alle Menschen Netzzugriff haben. Alle! Natürlich in unterschiedlichen Ausprägungen und Geschwindigkeiten. Das ist klar, aber entscheidend ist hier die Verfügbarkeit. Und diese Tatsache bringt viele weitreichende Konsequenzen mit sich.
Alle Menschen werden immer und überall Informationen über Produkte etc. verfügbar haben. Das ändert das Konsumverhalten rasant, aber auch das Angebot. Bereits heute kann man gemäss Frau Emme feststellen, dass das blinde Markenvertrauen schwindet und Konsumenten viel versierter einkaufen. Marken-Treue ist out, man vergleicht und informiert sich über Produkte, ihre Herstellungsverfahren etc. und trifft individuell einen Kaufentscheid, der sich im Vergleich immer auch gegen ein Produkt richtet.
Starke Brands sehen sich neuen Schwierigkeiten gegenüber, weil sie viel gezielter und aktiver an der Wahrnehmung der Marke und an ihren Produkten arbeiten müssen und nicht mehr einfach blind auf eine starke Stammkundschaft vertrauen können. Somit - diesen Grundsatz lebt Google vorbildlich im eigenen Unternehmen vor - muss die Problemlösung immer kundenorientiert sein. Das heisst: Welche Bedürfnisse haben die Kunden und wie können diese rasch und zielorientiert befriedigt werden?
  
Die US-Techfirmen sind uns voraus

Noch eher junge Firmen, wie z.B. Tesla, booking.com, airbnb, Spotify etc., besitzen bereits heute die Fähigkeit, aufgrund der ausgewerteten Datenlage ihrer Kundschaft regelmässig individuell angepasste, persönliche Nachrichten zukommen zu lassen, abgestimmt auf deren Bedürfnisse.

Das führt uns zu einer zentralen Frage, die alle Unternehmen beschäftigen muss:
Wie kann ich digitale Signale erheben und nutzen, um meinen Kunden relevante Erfahrungen zu bieten?

Für Bankenkunden zum Beispiel kann das ganz einfach heissen:
-Wo finde ich den nächsten Geldautomaten?
-Wie sind die Öffnungszeiten der Filiale in meiner Nähe?
-Wie kann ich umgehend meine Karte online sperren etc.?

Es geht also darum, ein (Wissens-)Bedürfnis des Kunden so rasch und so erfüllend wie möglich zu befriedigen, mobil, intuitiv und ohne lange Warte- und Ladezeiten. Solche Erlebnisse sind für den Kunden relevant und stellen für eine Firma ein Mittel zur Kundenbindung dar. Diesen Grundsatz haben beinahe alle Silicon Valley - Firmen verinnerlicht.


Let’s go digital

Wie geht man nun aber die Digitale Transformation im eigenen Unternehmen an?

Für Frau Emme gibt es ein einfaches Dreieck, das es zu beachten gilt:

1. Agility
Die Prozesse in der Firma müssen ganz klar so aufgestellt sein, dass man sich rasch einem sich verändernden Marktumfeld anpassen kann. Dazu gehört vor allem auch ein gutes Markt-Monitoring. Für die Organisationsstruktur bedeutet es, dass Projekte nach dem Grundsatz „think big – but start small“ mit messbaren Zielen angegangen werden. Dabei muss immer die höchste Nützlichkeit für den User im Zentrum stehen. Und wie es Google selber vorlebt, muss scheitern erlaubt sein. Projektideen werden bei Google schnell angeschoben und können unter Umständen auch früh wieder gestoppt werden, wenn sich abzeichnet, dass sie nicht funktionieren. Das ist hier daily business.

2. Client Focus
Der potentielle Kunde ist dank des Internets in der Tat immer besser informiert. Wenn man den Kunden unterschätzt, kann sich das ganz schnell gegen einen wenden. Transparenz und Aufklärung sind hier angesagt. Das umfasst die Produkte genauso wie z.B. die Arbeitsbedingungen.
Und wie oben bereits erwähnt, geht es vor allem auch darum, digitale Signale zu erheben und auszuwerten. Google stellt vermehrt eine Diskrepanz fest zwischen dem Aufbau mobiler Seiten und dem Kundenverhalten. Viele Firmen haben eine schlechte mobile Ansicht ihrer Homepage mit teilweise langen Ladezeiten (testen Sie ihre URL hier:  https://testmysite.thinkwithgoogle.com ). Demgegenüber steht aber die Tatsache, dass seit ungefähr 2 Jahren mehr Suchanfragen über mobile Geräte getätigt werden als über herkömmliche Rechner. Es wurde festgestellt, dass pro Sekunde verkürzter Ladezeit die Konversion* um 30% steigt. Konkret heisst das: Fast die Hälfte der Besucher verlässt ihre mobile Seite, wenn sie nicht in weniger als 3 Sekunden geladen wird.

Diese Fakten veranschaulichen uns womit wir es zu tun haben. Mit einem Wettbewerb, der hart, schnell und dynamisch ist und unglaubliche Potentiale birgt.

In Asien zum Beispiel, wo am meisten Menschen leben und die online Connectivity am stärksten zunimmt, war es zum vergangenen chinesischen Neujahr zum ersten Mal möglich, den traditionellen roten Umschlag, gefüllt mit Geld, digital den Verwandten zu überreichen. Es wurden 46'000'000'000 Umschläge online zugestellt.
Wer also als Firma mit dem mobilen Angebot ungünstig aufgestellt ist, sollte angesichts dieser Potentiale ganz rasch über die Bücher.

3. Corporate Culture 
Die digitale Strategie muss von ganz oben kommen und von der Spitze vorgelebt werden. Nur so kann sie auch in den Köpfen der Mitarbeitenden ankommen. Denn für die digitale Transformation braucht es vor allem flexibel denkende Angestellte. Und auch hier ist Transparenz ein unglaublich wichtiges und oftmals unterschätztes Stichwort. Transparenz ist nötig, damit Mitarbeiter gerne zusammenarbeiten. Transparenz ist wichtig, damit sich Mitarbeitende trauen, neue Ideen einzubringen und es braucht sie vor allem auch im Feedback-System, sei es um Projekteziele, Mitarbeitende oder auch Vorgesetzte zu bewerten (bei Google zum Beispiel beurteilen die Teams anonym ihre Vorgesetzten regelmässig mittels eines Fragebogens. Die Ergebnisse werden dann transparent publiziert. Es gibt also ein offenes Ranking des Kaders, bewertet durch die Basis). Und der wohl wichtigste Aspekt einer produktiven und innovativen Arbeitsatmosphäre ist Vertrauen. Lazlo Bock, der HR-Guru von Google, der über die Google Personalpolitik das berühmte Buch „Work Rules“ (https://www.workrules.net/) schrieb, sagt: „Give people slightly more trust, freedom and authority than you are comfortable giving them. If you’re not nervous, you haven’t given them enough.“ Denn durch mehr Vertrauen entwickeln Angestellte neue, ungekannte Stärken und das kann ein grosses Plus für die Firma sein.

Wenn Sie nun also die Digitale Transformation in Ihrem Unternehmen anschieben möchten, dann konzentrieren Sie sich gemäss Frau Emme bitte auf diese nächsten Schritte:

  • Steigern Sie die Agilität Ihres Unternehmens, indem Sie Ihre Angestellten zum Beispiel nach 3 Prozessen, die beibehalten werden sollen und 3 Abläufen, die (digital) verbessert werden müssen, befragen.   
  • Entscheiden Sie immer datenbasiert und im Sinne des Kundennutzens.
  • Lassen Sie die Mitarbeitenden das Management bewerten. Machen Sie die Ergebnisse intern öffentlich und handeln Sie dort, wo gehandelt werden muss.

Und vertrauen Sie der Schwarmintelligenz in Ihrem Unternehmen. Digitale Transformation hat sehr viel mit Menschen und Vertrauen zu tun. Fordern und fördern Sie Ihre Mitarbeitenden und schaffen Sie den Freiraum und die Atmosphäre für neue Ideen aus dem Team. Mitarbeitende sollen sich einbringen können und auch scheitern dürfen. Das gehört zum daily business und darf keine negativen Konsequenzen für die Angestellten haben. Und in diesem Zusammenhang ganz wichtig: Ersetzen Sie das nächste „No“ durch ein „Tell me more“.

Dieser Beitrag wurde von Matthias Hungerbühler gepostet.

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