Digital Africa - ein Vorbild an Nachhaltigkeit und Startup-Spirit

Ist der Startup-Spirit von Afrika auch etwas für uns? PSD2 eröffnet nun vielen Lösungen den Zugang zu Bankkonten. Als Basis soll eine entsprechende Schnittstelle herhalten unter dem Begriff „API“. Wir berichteten.

Ist das Ganze aber nachhaltig? Verschiedene Schnittstellenbeschriebe kommen auf und wenn man nicht nur eine nationale, sondern eine internationale Lösung als PISP (Payment Initiation Service Provider) oder AISP (Account Information Service Provider) entwickeln möchte, ist man schnell von den unterschiedlichen „Standards“ überfordert. Wieviel Entwickler-Knowhow und -Schweiss muss dafür aufgewendet werden bis die Lösung entsprechend rund läuft?

Dass Afrika die digitale Welt für sich entdeckt hat, ist nichts Neues. Seit über 10 Jahren gibt es bereits M-Pesa, das Bezahlen per Handy in Afrika. Kein Wunder, da es in vielen Gegenden keine Bank gibt, geschweige denn einen Bankomaten.

Schön und gut, aber „Digital Africa“ ist heute viel mehr als vor zehn Jahren. Dies zeigt eindrücklich eine Fernsehproduktion, welche viral viel Umtrieb gemacht hat und von vielen Sendern ausgestrahlt wurde. Die vollständige Sendung kann hier eingesehen werden.

„Digital Africa“ präsentiert sich inzwischen mit vielen Startups, die eng verwoben sind mit den lokalen Problemen und versuchen, mit den wenigen vorhandenen Mitteln eine Lösung dafür zu finden. Häufig sind diese in Ballungszentren in gewissen Hubs vernetzt.

Die Liste der Lösungen ist endlos. Angefangen mit einem Beobachternetzwerk als Prävention von Gewalttaten, einem Gaszähler, der auf „geliehenen“ Gasflaschen aufgesetzt werden kann und per Handy Mikrobeträge bezahlt werden können, um sich zum Beispiel nur am Morgen eine Tasse Tee zu kochen, freies Internet in inzwischen rund 300 Bussen, über einen Bestellservice für Motorradtaxis, welche bei der allgemein hohen Unfallrate im Land den jeweiligen Fahrer anhand seines Fahrstils bewerten und die Fahrt somit sicherer wird bis zu mobilen, solarbetriebenen Ladestationen, wenn in manchen Regionen manchmal tagelang kein Strom verfügbar ist.

Gemeinsam haben all diese Lösungen, dass sie aus dem wenigen Vorhandenen etwas machen. Auch die Bildung wird unterstützt, da sehr häufig keine Unterrichtsmaterialien zur Verfügung stehen. So gibt es 300 mobile Koffer mit bis zu 30 Tablets, die einen Unterrichtstag lang ohne Strom und Internet entsprechende Inhalte beibringen können.

Eine andere Lösung bietet für 11 EUR einen physikalischen Experimentierkasten mit wenigen LEDs, Kondensatoren, Widerständen und einer Batterie, um Elektroingenieurswissen zu vermitteln, welches so wichtig ist, um voranzukommen. Ziel dieser Lösung ist beispielsweise, dass jeder Schüler irgendwann ein solches Experimentierset hat, um auf dem Schulhof, zu Hause oder eben im Unterricht damit experimentieren zu können.

Wenn keine Bildung vorhanden ist, gibt es für Bauern einen Sprachservice, der Aussaat- und Düngerempfehlungen sowie Wettervorhersagen in bis zu neun lokalen Landessprachen mitteilt. So können diese Services genutzt werden, selbst wenn der Nutzer gar nicht lesen kann.

Die Nachhaltigkeit wird unter anderem gewährleistet, weil viele ausrangierte Teile wiederverwendet werden. So produziert ein Afrikaner durchschnittlich sechs Kilogramm Elektronikschrott pro Jahr. Ein Europäer bringt es in derselben Zeit auf gut das Achtfache.

Ein extremer Entwicklungsschub wird zudem durch die Nachhaltigkeit erreicht: In den 80er Jahren haben wir gelernt, dass viele Entwicklungsprojekte in Dritt-Welt-Ländern gescheitert sind, weil beispielsweise ein Gummischlauch für eine Kochgelegenheit nicht von den Bewohnern selbst hergestellt werden konnte, um wieder Gas für die Feuerstelle zu haben.

Heutzutage werden Motoren von ausrangierten Druckern verwendet, um 3D-Drucker zu bauen. Sehr häufig werden Teile für neue 3D-Drucker mit den 3D-Druckern selbst hergestellt. Man ist also nicht mehr (so stark) abhängig von einer Entwicklungshilfe und von Ersatzteillieferungen.
Die 3D-Drucker können aber auch noch mehr. Sehr häufig helfen sie Krankenhäusern, in welchen viele Dinge fehlen. So können beispielsweise Nabelschnurklemmen mit 3D-Drucker günstig hergestellt werden.

Wie konnte sich aber das „Digital Africa“ so gut entwickeln? Ein grosser Aufschwung begann 2008, als Ostafrika an internationale Unterseekabelnetze angeschlossen wurde. Andererseits hat die Technologieentwicklung auch stark dazu beigetragen. So wären viele Entwicklungen nicht ohne den 3D-Druck möglich gewesen.

Die Regierung spricht keine flächendeckende Unterstützung an Startups, aber sie baut Institutionen auf, die als Anlaufstelle dienen können und den Wissensaustausch sicherstellen.

So gehen rund 90% der entsprechenden Gelder an NGOs, wodurch die lokalen Startups, zumindest finanziell gesehen, leer ausgehen.
Die Gründerszene lässt sich dadurch aber nicht abschrecken: Viele werden selbst aktiv und warten nicht auf die Regierung. Der Wille, die Energie und die Technologie sind da. Kann damit also bald der Durchbruch erreicht werden?
Es lohnt sich auf alle Fälle in entsprechende Lösungen zu investieren.

Viele Lösungen bauen auch auf Blockchain als letzte technologische Neuerung. So gibt es Möglichkeiten, Krankenakten elektronisch und blockchain-basiert zu führen. Das ermöglicht der breiten Masse einen leichten Zugang zu Ärzten und denen jederzeitigen Zugriff auf die entsprechenden Informationen.

Was können wir aber für unser Tagesgeschäft mitnehmen? 

Derzeit tanzen wir den Eiertanz der Use Cases: Open API oder welche (wenigen) Funktionen sollen dazugenommen werden? Ergebnis: Keine so berauschenden Plattformen. Sollten wir nicht eher den Startup-Flair von Afrika aufnehmen und nachhaltige Lösungen entwickeln, bei denen Macher-Haltung und Zusammenhalt im Vordergrund steht?


Dieser Blog wurde von Frank Rebmann verfasst.


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