Bereits zum vierten Mal fand das vom FPN organisierte Zahlungsverkehrs-Symposium in einem ehemaligen Dominikanerkloster in Frankfurt statt. Abermals konnten mehr Teilnehmer und Sponsoren für den Anlass gewonnen werden, sodass sich die Veranstaltung langsam aber sicher zu einem Szene-Treff für Zahlungsverkehrsexperten mausert.
Wie zu erwarten war, standen am diesjährigen Symposium die Themen „Instant Payments“, „Open Banking“ und „Sicherheit“ im Fokus. Interessanterweise drehte sich ein Diskussionsschwerpunkt auch um das Thema „Corporate Payments“, ein Schwerpunkt im Zahlungsverkehr, welchen man auf hiesigen Veranstaltungen kaum findet.
In den Eröffnungsreden von Dr. Hubertus von Poser (PPI) und Andreas Pratz (PwC) werden die „Hot Topics“ kurz erwähnt und mit eigenen Einschätzungen kommentiert. Dr. Hubertus von Poser sieht vor allem Instant Payments als Bedrohung vor die Kartenindustrie und erkennt bei diesem Verfahren auch grosse Potentiale beim Zahlungsempfänger. Andreas Pratz empfiehlt einen Blick ins Ausland, insbesondere nach Asien, wo bereits produktive Lösungen für unsichtbare, biometrische und IoT-Zahlungsvorgänge im Einsatz sind.
Nach der ersten Kaffee-Pause wurde „Instant Payment – Wo stehen wir heute?“ von den Rednern aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet. Den Start machte Holger Thiemann von der EZB. In der Rolle als Projektleiter von TIPS (TARGET Instant Payment Settlement) betont er die Motivation und die Herausforderungen als Zentralbank die Infrastruktur für das europäische Instant Payment System zur Verfügung zu stellen. Die EZB sieht sich als europäischer Infrastruktur-Bereitsteller für Banken, Netzwerkprovider und Clearingsystem-Anbieter, nicht als kommerzieller, gewinnorientierter Anbieter von Zahlungsverkehrslösungen für Endkunden. Der Produktionsstart ist auf November 2018 vorgesehen.
Katja Heyder, EBA-Clearing, blickt zurück auf den Produktionsstart von RT1 (die realtime Infrastruktur von EBA) vom 21. November 2017, wo bereits 17 Banken aus 8 Ländern mit Instant Payments gestartet sind. Das Umsatz-Volumen im Januar (neu mit 20 Banken) ist noch relativ bescheiden (3,8 Millionen EUR), da die ersten produktiven Banken in der Regel die Lösungen als Pilotprojekte betreiben, oft auch nur in einem geschlossenen Kundenkreis (z.B. innerhalb einer Bankengruppe). Per Mitte Jahr wird eine angeschlossene Teilnehmerzahl von gegen 100 Banken prognostiziert.
Der dritte und letzte Beitrag zum Thema wurde von Thomas Feiler von EACHA (European Automated Clearing House Association) bestritten. Die EACHA mit aktuell 27 partizipierenden Clearing Häusern, fördert als Non-Profit-Organisation die Zusammenarbeit und Interoperabilität unter ihren Mitgliedern. Mit Instant Payment beschäftigt sich die EACHA seid 2013, was im 2016 zur Publikation des EACHA Instant Payments Interoperability Framework (EIPIF) führte. EIPIF ist kompatibel zum EPC SCTInst Rulebook und soll in der Verarbeitungskette zwischen den Banken die Kompatibilität zu den Vorgaben (insbesondere die max. 10 Sekunden Durchlaufzeit) sicherstellen.
Bei der anschliessenden Podiumsdiskussion mit den Instant Payment Referenten, moderiert von Dr. Leo Lipis von Lipis Advisors, wurde zunächst die Frage nach den bereits produktiven Volumen von EBA-Clearing gestellt. Diese werden als hoch wahrgenommen, zumal in Deutschland kaum kommerzielle Angebote existieren. Katja Heyder argumentierte, dass es einige wenige angeschlossene Banken im Onlinebanking bereits ein beachtliches Volumen genieren, u.a. auch ein holländisches Institut, welche das gesamte SCT-Volumen nach SCTInst migriert hat.
Das Plenum geht nach einer kurzen Abstimmung davon aus, dass mittelfristig (5-10 Jahre) alle Zahlungen instant sein werden und das dann das „New Normal“ sein wird. Ein Teilnehmer schlägt vor, dass die Bankindustrie SCTInst zum Anlass nehmen sollte, sich wieder einmal über Gebühren und Rentabilität im Zahlungsverkehr Gedanken zu machen. Insbesondere im Corporate- und Grossbetrags-Umfeld scheinen hier neue Modelle möglich zu sein, was auch vergleichbare Anwendungen im Ausland zeigen (z.B. Frankreich und Italien). Ein weiterer Teilnehmer sieht die eigentliche Herausforderung bei der 7x24-Verfügbarkeit. Hier scheinen ebenfalls neue Anwendungsfälle möglich, wo neue Angebote durchaus etwas kosten könnten.
Der Nachmittag widmete sich schwerpunktmässig den Themen Firmenkundenzahlungsverkehr und Innovation. Paul Landvogt (Specific Group) stellte eingangs die Frage, welchen Einfluss Industrie 4.0 auf den Firmenkundenzahlungsverkehr haben könnte, respektive welche Antworten die Banken auf diese Frage haben. Paul Landvogt empfiehlt eine Haltung einzunehmen, wo die Bank ein Teil der Wertschöpfungskette des Firmenkunden wird. Gefragt sind neue Services, die aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Zahlungsverkehr möglich werden und für beide Parteien einen Nutzen bringen.
Jiri Sandanus, Co-Redner von Crede, weist darauf hin, dass es auch neben dem SCTInst-Schema noch einige weitere gibt, die teilweise auch schneller sind und über höhere Maximalbeträge für Transaktionen verfügen. Neben den bekannten Lösungen aus Skandinavien und England gehen in Kürze auch nationale Lösungen in Osteuropa in Produktion (z.B. Polen und Tschechien). Dies ist vor dem Hintergrund, dass wir in der Schweiz mit ebenfalls einer Nicht-Euro-Währung eine ähnliche Ausgangslage haben, sehr bemerkenswert.
Einen ganz anderen Blickwinkel nimmt Thorsten Zipf von CGI im Zusammenhang mit Mehrwerten gegenüber Firmenkunden ein. Gemäss einer Umfrage erwarten Firmenkunden von ihrer Bank für ihre Geschäftstätigkeit und Treue belohnt zu werden. Dabei stehen nicht die klassischen Volumen-Rabatte auf Gebühren im Vordergrund. Firmen wünschen sich vielmehr ihre Hausbank in der Rolle als digitaler Partner. Mit Hilfe intelligenter Data Analytics Lösungen, basierend auf dem qualitativ hochstehenden Datenpool der Bank für Stamm- und Bewegungsdaten, können echte Mehrwerte für Firmenkunden generiert werden, welche über eine konventionelle Anlageempfehlung hinausgehen. In Kombination mit der Ausnutzung der PSD2, wo die Bank selbst die Rolle eines Drittanbieters einnimmt, sind darüber hinaus äusserst interessante Angebote im Multibanking möglich.
Alen Koenigsberg (Traxpay USA) schlägt den Bogen zu Trade und Supply Chain Finance. Sein Produkt „Traxpay Dynamic Financing Platform“ agiert als Vermittler in den Beziehungen von Firmen zur Bank und in der Interaktion der Firmen untereinander. Als Grundidee sollen alle Akteure jederzeit über alle Informationen (z.B. komplette Details einer Bestellung, Rechnung oder Zahlung) im Meldungsaustausch verfügen, was wiederum zu mehr Automation in der Verarbeitung führt. Gefördert wird dies zusätzlich mit zertifizierten Plug-Ins der Plattform zu den ERP-Marktführern (SAP, Oracle, JD Edwards, Microsoft Dynamics, etc.).
Beim Abschluss des Symposiums ging es um Innovationen im Zahlungsverkehr. Den Anfang macht Dr. Thorsten Völkel (PPI AG), der die Frage stellt, wer denn in Zukunft Deutungshoheit über das gesprochene Wort haben wird. Google, Amazon, Apple oder weitere Tech-Giganten, die bereits heute mehr als eine Million Geräte in heimischen Wohnstuben in Deutschland stehen haben? Aus heutiger Sicht ist eine Anbindung mittels Spracherkennungs-APIs (Application Programming Interfaces) nur über Cloud-Lösungen dieser Anbieter möglich, was wiederum für hiesige Banken, im Gegensatz zu US-Banken, ein unüberwindbares regulatorisches Problem darstellt. Denkbar sind aus heutiger Sicht nur weniger sensitive Abfragen auf öffentliche zugängliche Informationen, welche beispielsweise auf der Webseite der Bank stehen.
Matthias Salmon von NCR brachte das heute schon obligate Konferenz-Thema Cyber Crime ins Plenum. In einer immer mehr über Internet vernetzen Welt und dem Aufstieg von Cloud-Lösungen steigen natürlich auch die Angriffspotentiale auf Geräte und Infrastrukturen. Vor diesem Hintergrund sind natürlich auch Services wie Instant Payments eine attraktive Angriffsquelle, zumal der überwiesene Betrag ja in Sekunden final gutgeschrieben ist. Dies notabene auch für grössere Transaktionsbeträge. An dieser Stelle wird eine anbietende Bank von Instant Payments den Spagat zwischen Geschwindigkeit und aufwändiger Betrugs-Prävention finden müssen (wie gross ist die Risiko-Fähigkeit und -Bereitschaft?).
Der allerletzte Vortrag des Symposiums wurde von Dr. Michael Salmony (EquensWordline) präsentiert, welcher mit „Digitale Identität“ ein weiteres Modethema der Branche ins Kloster nach Frankfurt mitbrachte. Eine zentrale Aussage war die, dass Identität nicht nur auf Personen beschränkt ist (man beachte, dass neuerdings Geräte Transaktionen auslösen können), es heute vielmehr um Rechteverwaltung und Authentisierung geht. Digitale Identitäten müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllen. Die Identität mittels mobilem Gerät in Kombination mit biometrischen und verhaltensbasierten Daten einsetzen zu können, ist zentral. Die Banken könnten mit dem bewährten 4-Corner-Modell eine entscheidende Rolle bei Services rund um die e-Identität einnehmen.
Detaillierte Informationen zu den einzelnen Vorträgen können gerne beim Autor nachgefragt werden.
Über das Frankfurt Payments Network (FPN):
Das FPN wurde im Jahre 2011 gegründet und ist eine Netzwerkplattform für Entscheider und Experten aus der Payments Industry mit über 150 hochkarätigen persönlichen Mitgliedern. Die Mitgliedschaft ist ausschliesslich über eine Empfehlung eines bereits bestehenden Mitglieds möglich und richtet sich an Entscheider und Experten von Kreditinstituten, Dienstleistern, Verbänden, Beratungsunternehmen, Handel etc.. Ziel ist es, an den Entwicklungen des Zahlungsverkehrsraums in Europa teilzuhaben und darüber hinaus an der Gestaltung des Zahlungsverkehrs der Zukunft mitzuwirken.
Mehr Details unter: www.frankfurt-payments-network.de.
Für Sie gebloggt hat Carsten Miehling
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