Oder: „Reich wird man nicht durch das, was man verdient, sondern durch das, was man nicht ausgibt“ (Henry Ford).
Wir nehmen ein Interview von CNBC mit dem Deutsche Bank CEO John Cryan von Mitte September als Grundlage für eine Diskussion über gefährdete Jobs bei den Banken. Cryan unterstrich seither seine Angriffslustigkeit auf Bankjobs auch in einem Interview mit der Financial Times, indem er klar kommuniziert, dass die Beschäftigtenzahl des Hauses viel zu hoch sei.
Gegenüber CNBC antwortet John Cryan auf die Frage, wie viele Jobs denn nun tatsächlich durch die zunehmende Automatisierung gefährdet seien, mit: "very hard to say", um dann zu ergänzen, dass es "a lot of people over the next five to 10 years" betreffen werde.
Dieses Jobsterben bei Banken beschränkt sich nicht etwa auf einzelne Institute, nur auf Grossbanken oder einzelne Länder, es ist vielmehr ein sektorweites Phänomen. Denn aus der Finanzkrise haben die Banken vor allem eines gelernt: Die eigene Kostenstruktur viel stärker als zuvor im Blick zu haben. Diese Sichtweise ist, wie das Zitat im Titel zeigt, nicht neu, ging aber in den rosigen Bankenjahren mehr und mehr vergessen. Es geht sehr stark darum, im eigenen Unternehmen Abläufe zu optimieren und einfacher zu gestalten und wenn immer möglich, zu automatisieren. Neue Computertechnik hilft dabei genauso wie neue verhaltenspsychologische Erkenntnisse. Soweit so gut. Aber lassen sich damit wirklich Personalkosten sparen?
Cryan kommt zum Schluss, dass sein Haus, verglichen mit der Konkurrenz, noch immer viel zu viele Menschen beschäftigt. Sein Fokus liegt dabei wieder vermehrt auf der Anzahl der Mitarbeiter, die mit dem Kunden in eine Interaktion treten. Diese soll erhöht werden während interne Prozesse einer starken Prüfung unterzogen werden. Alles, was Mitarbeiter an Aufgaben bindet, die eigentlich ein Roboter erledigen kann, soll weggestrichen werden.
Gemäss dem CEO der Deutschen Bank geht es um ein klares Upskilling der Arbeiten. Er will seinen Angestellten vermehrt wieder befriedigende Aufgaben übertragen und sie nicht einfache mechanische Arbeiten ausführen lassen. Die Menschen sollen wieder mehr Freude an der Arbeit bekommen und vermehrt auch kreativ denken müssen. Insofern unterscheidet er sich doch stark von Henry Ford, dem cleveren Anwender der Fliessbandfertigung.
Das alles klingt nach einem guten Vorsatz, doch was bedeutet es konkret? Heisst das, der Sachbearbeiter von heute ist der Kundenberater von morgen? Ganz so einfach ist es wohl nicht. Eher sind das nett klingende Worte für die Kernaussage: „Danke schön, das war’s“.
Unbestritten ist, dass so ziemlich alle Banken die Möglichkeiten der Prozessoptimierung durch Automation nutzen und dafür auf den Einsatz von immer intelligenter werdenden digitalen Lösungen setzen. Auch der Kunde übernimmt immer mehr Aufgaben selbst. Dienstleistungen, die früher die Bank erledigte, vollzieht der Kunde heute im E-Banking. Das für manche Bankangestellten und auch Kunden schmerzhaft spürbare Resultat daraus ist zumindest das Wegsterben vieler Zweigniederlassungen. Und genau hier geht Raum für Begegnungen und positive Kundenerlebnisse verloren. Das steht im Widerspruch zu Cryans Wunsch, wieder mehr Mitarbeiter für zwischenmenschliche Begegnungen einzusetzen. Und obwohl munter gestrichen und vermeintlich gespart wird, steigen die Löhne im Bankensektor (https://www.cash.ch/news/top-news/finanzplatz-schweiz-das-bankensterben-geht-weiter-1097302).
Insofern behält der CEO der Deutschen Bank doch recht, dass klar ein Upskilling bei den Bankjobs stattfindet.
Aber kreativ denkende Mitarbeiter in verantwortungsvollen Positionen, die ihren Bereich überblicken und die Zukunft aktiv mitgestalten, kosten mehr. Irgendwo harzt also Cryans Wunsch und wir kriegen das Gefühl nicht los, dass es hierbei weniger um das Wohle der Mitarbeiter geht, sondern eher um die Verschlankung der Personalstruktur im Hinblick auf die nächste Erfolgsrechnung. Ob die Rechnung somit ganzheitlich gemacht wird, werden wir sehen. Denn der Schwerpunkt der Arbeit verschiebt sich entgegen Cryans anfänglicher Aussage, zwar weg von stark repetitiven Aufgaben im Backoffice, aber nicht etwa hin zu mehr zwischenmenschlichem Kundenkontakt. Er geht ganz klar in Richtung IT. Da laufen die kosten- und personalintensiven und knowhow-starken Projekte. Und hier gilt ohne Wenn und Aber: Wer sich strategisch clever aufstellt und mit den richtigen Leuten eine klare Linie verfolgt, der meistert die Herausforderungen effizient und in einer überschaubaren Zeit. Wer aber einfach mal anfängt und seine IT-Abteilung wild programmieren lässt, der läuft Gefahr sich stark zu verzetteln und erheblich Geld zu vernichten. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Herrn Cryan und die Deutsche Bank, sondern beansprucht Allgemeingültigkeit.
Richtiges Know-how am richtigen Ort zur gefragten Zeit ist Gold wert und kann mit guten Lösungen zu positiven Kundenerlebnissen führen, auch auf digitalen Plattformen. Ob das nun durch Upskilling im eigenen Betrieb erfolgt oder durch externe Unterstützung ändert an der Zielsetzung des Projekts eigentlich nichts. Denn so oder so, billig ist das Unterfangen mit der Digitalisierung nicht, denn auch beim Upskilling gilt: „if you feed peanuts, you get monkeys“.
Somit wird die (Personal-)Kostenstruktur vermutlich auch morgen noch eine Herausforderung für die Banken sein. Und wie viele Sachbearbeiter bei der Deutschen Bank in Zukunft wirklich neue, viel spannendere Aufgaben erhalten, werden wir wohl nie erfahren.
Dieser Beitrag wurde von Matthias Hungerbühler gepostet.
#Digitalisierung, #DigitalTransformation, #Upskilling
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