Top Event Interview 1: Credit Suisse

Am Top Event geben wir Vertretern des Finanzmarktes eine Stimme. Früher in Form von Videos, werden die Interviews neu in unserem Blog schriftlich publiziert. Lesen Sie das erste Interview mit Volker Möller, zuständig für Payment Projects bei Credit Suisse.


Harmonisierung Zahlungsverkehr Schweiz, wo steht die Credit Suisse aktuell?
Wir bieten unseren Kunden mittels Direct Link und Direct Exchange bereits seit mehreren Jahren die Möglichkeit Zahlungen nach ISO 20022 einzureichen. Auch im Hintergrund wurden unsere Zahlungsverkehrs-Systeme in den letzten Jahren grundlegend überarbeitet und auf die neuen Standards vorbereitet. Wir bauen unser ISO Angebot kontinuierlich weiter aus und sind daher sehr daran interessiert die Harmonisierung zusammen mit dem Finanzplatz Schweiz voranzutreiben. Ich denke wir als Credit Suisse sind dabei gut im Fahrplan und setzen damit ein starkes Zeichen zugunsten der Schweizer Zahlungsverkehrs-Harmonisierung.

Was ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung bei diesem Vorhaben?
Die grösste Herausforderung liegt darin, uns als Finanzplatz Schweiz gemeinsam den neuen Möglichkeiten zu stellen. Naturbedingt, müssen wir zunächst unsere bestehenden Systeme und Produkte umstellen. Dies ist aufwändig, bindet Ressourcen und fokussiert den Blick auf das Bestehende und die zugrundeliegende Technologie. Die Herausforderung liegt aber in dem Blick nach vorne und in den zu erarbeitenden neuen Möglichkeiten. Wenn wir Projekte wie LEON (Lastschrift und E-Rechnung Online Neu) oder den Neuen Einzahlungsschein ansehen, dann haben wir hier grosse Chancen das Kundenerlebnis wesentlich zu verbessern und neue Produktausprägungen zu schaffen. Diese Chancen zu nutzen ist unsere grosse Herausforderung und das gelingt nur, wenn wir als Finanzplatz Schweiz gemeinsam mit dem Blick auf die Zukunft und dem Kunden im Mittelpunkt handeln.

Wo stehen Ihre Firmenkunden im Vergleich zum Fahrplan der Umsetzung?
Auch hier zeigen sich die eben erwähnten Herausforderungen. In 2015 haben sich etwa ein Fünftel unserer Firmenkunden aktiv mit der ZV Migration Schweiz auseinandergesetzt und das zum grössten Teil aus dem Interesse an neuen ZV Dienstleistungen. Viele dieser Kunden würden den Fahrplan zur Umsetzung lieber beschleunigt sehen und stehen dementsprechend gut im Vergleich zum Fahrplan. Auf der anderen Seite stehen Kunden die mit dem Bestehenden zufrieden sind. Für diese Kunden ist eine ZV Harmonisierung primär mit Aufwand verbunden. Hier wird es unsere Herausforderung sein den Blick nach vorne zu lenken und transparent zu machen, dass dies eine Investition in die Zukunft einer mehr und mehr digitalen und automatisierten Bankenwelt ist.

Readiness: Wo steht die Branche, also Banken, im Projekt? Termine schaffbar oder mit Verzögerung, wie in Deutschland bei der SEPA-Umstellung?
Wenn wir uns als Finanzplan Schweiz gemeinsam der Herausforderung stellen, ja dann sind die Termine machbar. Wir sind bereit.

Sehen Sie sich aufgrund der immer mehr angleichenden Formate und Protokolle für die Übermittlung von Daten in Europa einer grösseren Konkurrenz ausgesetzt?
Eine interessante Frage. Natürlich sehen wir uns einer grösseren Konkurrenz ausgesetzt. Auf der anderen Seite ergibt sich hierdurch der Zugang zu einem grösseren Markt. In vielen Bereichen können wir bereits heute internationalen Kunden bessere Konditionen bieten als unsere Konkurrenten ausserhalb der Schweiz. Insbesondere haben wir bei der Credit Suisse besonderen Wert darauf gelegt unsere Kundenkanäle Direct Link und Direct Exchange, bezüglich ISO20022 mit höchstmöglicher Flexibilität auszustatten. Dies betrifft zum Beispiel die Anbindung über verschieden Kanäle als auch das Angebot unterschiedlicher nationaler, oder gar kundenspezifischer Formatvarianten. Spezialanforderungen grosser Unternehmen die früher Monate oder Jahre in der Umsetzung benötigten, lassen sich heute in Tagen und Wochen realisieren.

AOS (Additional Optional Services): Haben Sie vor besonders attraktive und innovative Angebot im Markt zu platzieren oder verfolgen Sie eher die Strategie „nur das Nötigste“?
Natürlich hat jedes Unternehmen den Wunsch attraktive und innovative Angebote im Markt zu platzieren. Von diesem Gesichtspunkt aus ist es notwendig und sinnvoll gewisse “Freiheiten“ innerhalb eines Standards zu schaffen. Ob aus einer dieser Optionen eine attraktive Innovation entsteht bestimmt der Markt. Entsprechend geht unser Bestreben über das Nötigste hinaus, obwohl wir aktuell uns sehr strikt an die Standard-Definitionen halten. Dies zu Gunsten einer gemeinsamen Zielerreichung der Banken und der Software-Partner für unsere Kunden.

Sind AOS überhaupt ein Merkmal, um Unterschiede zu schaffen, was sagt der Markt auf Seite der Firmenkunden?
Wie bereits erwähnt schaffen Freiräume Möglichkeiten. Dies gilt sicher auch für AOS. Ich denke dies ist aus Kundensicht heute noch nicht wirklich transparent. Ich sag das mal so: Wenn ich auf einem Automarkt der durch Verbrennungsmotoren dominiert wird ein Elektroauto anbieten will, dann kann ich versuchen mich durch ein besonders tolles Autoradio zu diversifizieren, der Hauptaugenmerk meines Kunden wird dennoch bei dem auffälligsten Merkmal bleiben: Dem Elektromotor. So in etwa verhält es sich heute mit den alten Formaten, ISO 20022 und AOS.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der Standardisierung und den zahlreichen Fintech-Initiativen?
Eine Standardisierung wie ISO 20022 vereinfacht nicht nur den Zahlungsverkehr auf nationaler und internationaler Ebene. Sondern etwas überspitzt gesagt: ISO20022 schafft die Grundlage und Möglichkeit einer viel, viel weitergehenden Automatisierung der Bank und ihrer Kundeninteraktion. Weitergehend als dies heute im Zahlungsverkehr der Fall ist und sehr viel weitergehend als dies in anderen Bereich der Bank der Fall ist. Die Möglichkeiten die sich hieraus ergeben sind natürlich ein Nährboden für verschiedenste Fintech-Initiativen.

Startups im Fintech-Bereich: Chance oder Risiko für etablierte Banken?
Hier hat sich in den letzten Jahren viel im Bewusstsein geändert. Auf Banken Seite werden Fintech heute als Chance für neue Ideen und Produkte gesehen und auf Fintech Seite werden etablierte Banken heute nicht mehr als uninteressierte, träge Organisation angesehen. Heute fördert die Credit Suisse eine Vielzahl von Startup und Fintech-Initiativen und ist sehr aktiv in der Zusammenarbeit engagiert. Also definitiv: Chance.

Robo Advisory: Haltung der Credit Suisse zum Thema?
Der Einsatz von Technologie um schneller und exakter auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen, Produkte flexibler auf Kundenwünsche oder Marktbewegungen anzupassen und Informationen schneller und detaillierter auszuwerten und bereitzustellen ist heute im Bankenumfeld selbstverständlich und wird so auch vom Kunden erwartet. Dies reflektiert sich heute schon in unseren Produkten, wie zum Beispiel „Credit Suisse Invest“ oder innerhalb unserer breiten Produkt- und Dienstleistungspalette im Bereich Strukturierte Produkte. Hier wird es in den nächsten Jahren sicherlich noch weitere Produkte geben, welche man unter den Begriff „Robo Advisory“ stellen kann.

Mobile Payments: Wohin geht die Reise, wer wird in der Schweiz dominieren?
Die Popularität von bargeldlosem Bezahlen steigt seit Jahren. Dominierend ist hier die Zahlung per Karte. Ebenso wurde es in den letzten Jahren immer einfacher bargeldlose Zahlungen technologisch zu integrieren. Dies betrifft online Zahlungen, Zahlung am Automaten oder Terminal und eben auch mittels Mobile Devices wie Smartphones. Auch ISO 20022 ist hier ein weiterer Schritt die Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen zu vereinfachen. Aus diesem Aspekt heraus denke ich, wir werden in Zukunft noch eine Reihe von neuen „Mobil Payments“ Varianten sehen. Ob unter diesen eine in der Schweiz dominieren wird möchte ich offen lassen.

Meine ganz persönlichen Kriterien für ein erfolgreiches mobiles Zahlungssystem sind:
  • Zahlungen unter 30 Franken in weniger als zwei Sekunden 
  • Grössere Zahlungen in weniger als fünfzehn Sekunden 
  • Gleiche (oder bessere) Akzeptanz wie Kartenzahlungen online wie offline, international wie national. 
Und, aus meiner Sicht, besonders wichtig:
  • Die Kooperation aller beteiligten auf dem Finanzplatz Schweiz.
Blockchain: Credit Suisse ist auch engagiert, welche Ziele werden verfolgt?
Ja Credit Suisse ist hier engagiert. Wir sind eines der neun Gründungsmitglieder von R3, haben Wissen und Technologien intern aufgebaut und eine Reihe von POCs laufen, die auf Block Chain Technologie setzen. Mittels Block Chain lassen sich Transaktionen sicher abwickeln ohne ein zentrales Verwaltungsorgan. Das hat eine grosse Bandbreite von Anwendungsmöglichkeiten in der Bank. Kryptowährungen sind, aus meiner Sicht, nicht der beste Anwendungsfall, denn gerade bei Geldtransfer möchte man (insbesondere im Konfliktfall, oder Betrug) ein unabhängiges Verwaltungsorgan welches hier sichernd eingreifen kann: Die Bank.

Credit Suisse




Wir bedanken uns bei Volker Möller, zuständig für den Bereich “Payment Projects” bei Credit Suisse, für das Interview.






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