Ein Hoch auf die Digitalisierung - oder auch: Leben Totgesagte länger?

Im Schatten all der Innovationen im Zahlungsverkehr und den Financial Services im Allgemeinen überraschte die SNB letzte Woche mit der Ankündigung einer absoluten Neuheit! Die neue 1000er-Note wurde unter tosendem Applaus vorgestellt. Die 5. neue Note des Erfolgsschlagers der bereits 8. Banknotenserie kommt am 13. März 2019 auf den Markt. Morgen also bereits. Sind Buchgeld und Kryptowährungen etwa bereits wieder ein alter Hut? Schliesslich sind sowohl Buchgeld als auch Kryptowährungen definitiv schlechter greifbar als das gute (neue) Bargeld und sind in der Zwischenzeit auch gar nicht mehr so neu. Wir hatten in diesem Blog ja bereits am 17.07.2018 über Cryptocurrencies im Allgemeinen und auch am 11.09.2018 konkreter über Ripple berichtet.

Ein immer wieder unterschätzter Vorteil eines physischen Gegenstandes gegenüber etwas nicht Greifbarem ist die Haptik. Unter Haptischer Wahrnehmung versteht man das tastende “Begreifen” im Sinne des Wortes, also die Wahrnehmung durch aktive (physische) Erkundung. So haben Psychologen herausgefunden, dass man durch die Haptik emotionale Bindung aufbaut. Ein Gegenstand, den wir fühlen können, hinterlässt also einen bleibenderen Eindruck als etwas Gelesenes oder Erzähltes. Die neue 1000er-Note ist also die perfekte physische Ergänzung zu der gemeinhin als richtig angesehenen Geschichte, dass das durch unsere Nationalbank ausgegebene Geld effektiv auch einen Wert hat. Bei dieser 1000er-Note können wir den Wert der weltweit wertvollsten Banknote auch effektiv fühlen. Ein deutlicher Vorteil von Bargeld gegenüber Buchgeld, von welchem wir lediglich eine Zahl auf einem Bildschirm sehen oder auch von Kryptowährungen, die wir ebenfalls nicht fühlen können und darüber hinaus auch noch den Beweis erst antreten müssen, dass sie effektiv einen stabilen Wert repräsentieren.

Denn wie Yuval Noah Harari in seinem 2018 erschienen Buch «21 Lessons for the 21st Century» bemerkt, sind wir Menschen vor allem deshalb die erfolgreichste Gattung auf unserem Planeten, weil wir über eine schier unendliche Vorstellungskraft verfügen und darüber hinaus hervorragende Geschichtenerzähler sind, die es verstehen, sich in grossen Gruppen zu organisieren. Geschichten wie zum Beispiel, dass ein Land Grenzen hat, das unseres die Schweiz ist, in diesen, unseren Grenzen, eine gewisse staatliche Organisation herrscht, an welche wir uns als Bevölkerung halten und dass eben unsere Nationalbank Geld, auch Bargeld herausgibt, welches ein gewisses Design hat, auf Papier gedruckt ist und dieses Stück Papier  auch effektiv den Wert hat, der drauf steht. Und in diesem Kontext müssen wir Menschen die Geschichte von den wertvollen Kryptowährungen zuerst noch flächendeckend (und grenzüberschreitend) glauben, bevor sie zu einem Erfolg wird. Bis dies geschieht, ist und bleibt das herkömmliche Geld, also auch das Bargeld, das etablierte Zahlungsmittel.

Rund 47 Millionen der alten 1000er-Noten, von denen die meisten Schweizer Bürger kaum je eine zu Gesicht bekommen, sind derzeit im Umlauf. In 6 Monaten werden erfahrungsgemäss 2/3 dieser Noten umgetauscht sein, teilt die SNB mit. Eile ist allerdings nicht geboten: Für das Umtauschen der restlichen rund 15 Millionen Scheine haben Herr und Frau Schweizer schliesslich 20 Jahre lang Zeit.

Quelle: https://www.snb.ch/de/iabout/cash/id/cash_circulation 


Mit 47 Mio. Stück ist die weltweit wertvollste Note gleichzeitig auch die rarste im Schweizer Umlauf. Spitzenreiter ist die 100er-Note mit rund 125 Mio. Stück, gefolgt von der 20er-Note mit rund 86 Mio. Stück. Allerdings fällt auf den zweiten Blick auf, dass die 47 Milliarden nominal aller dieser Noten weit mehr als das Vierfache (!) des totalen Nominal der 100er-Note sind. Bedenkt man nun, dass die 1000er-Note den geringsten Umlauf hat (wir hatten ja bereits festgestellt, dass nur die wenigsten ab und zu eine solche Note effektiv auch in den Händen halten), dann fragt sich der geneigte Leser, wo all diese Noten wohl liegen mögen. Aber nicht doch etwa in der heimischen Matratze eingenäht oder im kleinen Geheimfach im Kleiderschrank oder etwa im Bankfach? Ein Schelm auch, der Böses dabei denkt und den Inhabern dieser Noten unterstellt, dass man im Zuge des Alltagsstresses möglicherweise auch vergisst, sie auf der Steuererklärung anzugeben. Allerdings ist das Problem der Steuerehrlichkeit der Bevölkerung auch bei Buchgeld oder Kryptowährungen nicht gelöst.

Und wie sieht es denn mit der Sicherheit der neuen Note aus? Die ist selbstverständlich auch gegeben, wie SNB-Vize Fritz Zurbrügg zu Protokoll gibt. Die neue 1000er-Note ist mit den identischen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet wie alle anderen Noten der neuen Serie auch, das sei sicher genug. Nichts kann die Nationalbank allerdings am Umstand ändern, dass eine physische Note eher verloren gehen kann als Buchgeld. Oder auch, dass der gemeine Taschendieb leichteres Spiel hat als der Hacker, der versucht an das Buchgeld seiner potenziellen Opfer zu kommen. Jene Sicherheit aber, die man im Griff haben kann, die scheint die SNB sicherzustellen.

Und so sieht sie aus, die ab morgen erhältliche 1000er-Note:


Der Händedruck will als Zeichen der Kommunikation verstanden werden, der Globus symbolisiert eine Schweiz als Teil der ganzen Welt. Auf der Rückseite ist das Parlament zu sehen, wie auch eine Darstellung der modernen sozialen Netze.

Die Erfolgsgeschichte Bargeld schreibt auf jeden Fall ein weiteres Kapitel. Ob diese Geschichte auch eine der Zukunft ist, zeigt sich die nächsten Jahrzehnte.

Nun wünschen wir im Umgang mit dem zweitletzten Mitglied der neuen Notenserie viel Spass, zumindest jenen Lesern, die sie jemals zu Gesicht bekommen werden.

Dieser Beitrag wurde von Matthias Schöpp gepostet.


0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen