Die Echtzeitökonomie kommt im Zahlungsverkehr an

Seit geraumer Zeit predigen wir von PPI es immer und immer wieder: Instant Payment ist eines der wichtigsten oder besser gesagt das „entscheidende“ Losungswort im Zahlungsverkehr der nahen Zukunft. Wir haben uns in vergangenen Blogs periodisch mehrfach dem Thema angenommen. Die Tendenz dazu kommunizierten wir bereits vor einigen Jahren, so zum Beispiel im Beitrag vom Juni 2016 „Behavioral Economics & Payment Industry – wie werden wir in Zukunft bezahlen?“. Später dann, im Mai 2017, wies Carsten Miehling unter dem Titel „Instant Payments - The New Normal?“ konkreter auf die Ausgestaltung des Services und auf mögliche Anwendungsfelder hin. Im Beitrag über das Frankfurter Payment Network von Februar 2018 war Instant Payment auch für die EZB und natürlich für EBA-Clearing ein ganz wichtiges Thema und wir entschieden uns zu Recht und erfolgreich, den Top Event im April 2018 unter dieses Thema zu stellen. 

Aber was macht uns so sicher, dass Instant Payment wirklich „The New Normal“ wird? Ganz einfach, die Wirtschaft liebt und verlangt Instant Payment. Warum? Weil die Kosten für die Absicherung des Ausfallrisikos beim Händler wegfallen. Weil dieser sofort nach der Transaktion über den eingegangenen Betrag verfügen kann. Weil Zwischendienstleister ausgeschaltet werden können. Weil es zu sinkenden Kosten aufgrund von mehr Wettbewerb im Zahlungsverkehr führen wird. Weil das Liquiditätsmanagement der Corporates erheblich vereinfacht wird und weil u.U. der Umsatz erhöht werden kann, wenn dadurch z.B. die Lagerzeit verkürzt und die Abläufe instant und nahtlos aufeinander abgestimmt werden können.

Für Logistiker ein Traum und für die Banken ein (Alp-)Traum?
Wie angetönt glauben wir, dass kein Weg an Instant Payment vorbeiführt. Wie bei anderen Digitalisierungsprojekten auch, müssen die Banken in ihre IT investieren und entsprechende Anpassungen im Backend vornehmen, oftmals muss dieses auch modernisiert werden. Was also ist die Motivation für Banken, wenn es eigentlich nur nach zusätzlichen Kosten aussieht? Dass diese nicht gering sein werden, liegt auch daran, dass neben den IT-Systemen auch Prozesse und Produkte im Zahlungsverkehr betroffen sein werden. Gewisse Konstellationen, die von dem Umstand der verzögerten Ausführung und den Bankwerktagen geprägt sind, fallen auf einmal weg. Betrachtet man die währungsübergreifende Zahlungsabwicklung wird die ganze Sache noch komplexer und aufwendiger.

Um das zu beantworten, müssen weitere Abhängigkeiten verstanden werden. Grosskunden springen z.B. in Deutschland auf den Zug von SEPA Inst auf. Ein Dienst, der ursprünglich für Einzelzahlungen gedacht war, wird heute bereits von Firmen wegen des Liquiditätsmanagements und des Informationsflusses für Bulk-Zahlungen genutzt. Denn die Rückmeldung, ob die Zahlung ausgeführt wurde oder nicht, ist für den Sender umgehend verfügbar. Je nach Branche und Prozess kann das eine entscheidende Information sein. Wenn ich als Grosskunde regelmässig zeitkritische Zahlungen ausführen muss, werde ich mir logischerweise eine Bank suchen, die Instant Payments kann. Auch wenn Grosskunden häufig mehrere Bankverbindungen unterhalten, ist es durchaus interessant, die Hauptbank des Kunden zu sein. 

Welche Rolle soll ich als Bank künftig im ZV spielen?
Darauf aufbauend stellt sich natürlich ganz grundlegend die Frage, welche Rolle ich als Finanzinstitut in Zukunft einnehmen möchte und ob Zahlungsverkehr aus strategischer Sicht da dazu gehört. Und wenn ja, dann bitte richtig. 

Mit SEPA Inst ist der Wettbewerb unter den Banken in Deutschland seit diesem Jahr voll im Gange. Die Hypo-Vereinsbank war die erste und bot diesen Service bereits ab November 2017 an. Im vergangenen Sommer folgte dann die Sparkassen-Finanzgruppe und bis Ende des Jahres wollen auch die Volks- und Raiffeisenbanken die technischen Voraussetzungen schaffen und ihren Kunden ab 2019 nach und nach Echtzeitüberweisungen zur Verfügung stellen. Bisher verlangen die Institute für diesen Service noch ganz unterschiedliche Gebühren, vgl. die Aufstellung hier. Aber aufgrund des starken Wettbewerbs ist mit einer baldigen Angleichung der Preise zu rechnen. Hier stellt sich die Gretchenfrage, ob solche Zahlungen mittel- und langfristig auch kostenlos sein werden. Allenfalls ist der Ansatz aus Holland gleich alle und zwar wirklich alle Zahlungen instant abzuwickeln der beste Ansatz, da dann die (kostspielige) Fallunterscheidung wegfällt.

Aus Schweizer Sicht könnte man sich nun entspannt zurücklehnen und argumentieren, dass der Anteil an Euro-Zahlungen bei uns verhältnismässig gering sei. Im Vergleich zum Volumen der Inlandzahlungen ist das wohl wahr. Doch Instant Payments machen aufgrund der aufgeführten Gründe v.a. für grosse Corporates auch im Inland Sinn und es geht mehr denn je darum, als Bank den Anschluss nicht zu verpassen. Es ist sowieso anzunehmen, dass in nicht allzu ferner Zukunft auch ein Instant-Schema für den Schweizer Franken implementiert werden wird (analog den Nicht-Euro-Länder wie Polen oder Ungarn). Und wenn die hiesige Finanzindustrie sich nicht oder nur zögerlich bewegt, muss davon ausgegangen werden, dass ausländische Banken mit Niederlassungen in der Schweiz beginnen, ihren Kunden diesen Service über die Infrastruktur der Muttergesellschaft anzubieten. 

Das Wettrennen ist also auch hierzulande eröffnet und wir sind gespannt, wann die ersten richtigen Angebote der heimischen Finanzindustrie auf den Markt kommen. 

Dieser Blog wurde von Matthias Hungerbühler veröffentlicht.

#InstantPayments #Zahlungsverkehr


0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen